The Sound of Cologne
Techno kommt aus Berlin, so will es die Popmusikgeschichtsschreibung. Doch wie Kristina Schippling in ihrem Dokumentarfilm »The Sound of Cologne« überzeugend darlegt, liegen die Wurzeln nicht zuletzt in Köln.
Alles fing mit Herbert Eimert an. Nicht unbedingt ein geläufiger Name jenseits von Expertenkreisen, aber ohne ihn wäre die Geschichte wohl anders verlaufen. Der noch im 19. Jahrhundert geborene Komponist arbeitete nach dem Krieg beim WDR und richtete dort 1951 das weltweit erste Studio für Aufnahmen von elektronischer Musik ein. Ein wenig seltsam mutet es an, alte Schwarzweiß-Bilder zu sehen, in denen der damalige Mittfünfziger Eimert — natürlich im Anzug — an Knöpfen dreht und die Möglichkeiten des von ihm initiierten Studios erläutert. Bis sich aus diesen Anfängen die Party-Kultur der Gegenwart entwickelte, sollte viel Zeit vergehen, aber mit Eimert und seiner Vision fing wohl alles an.
Neben dem WDR war die Kölner Hochschule für Musik ein weiterer essenzieller Ort. Eimert unterrichtete später dort, ebenso wie der legendäre Karlheinz Stockhausen. Von da aus lassen sich direkte Verbindungen zu den Popmusik-Szenen in Düsseldorf und Köln ableiten. Eben dort gründeten Ende der 1960er Jahre Jaki Liebezeit und Holger Czukay Can, später stieß das japanische Unikum Damo Suzuki zur Band. Sein schräger, unverwechselbarer Gesang war es unter anderem, der Can weltberühmt machte und den Ruf von Köln als progressiver Popmusikstadt festigte.
Neben Archivaufnahmen von Eimert, Stockhausen sowie den mittlerweile größtenteils verstorbenen Mitgliedern von Can, sind in »Sound of Cologne« ausführliche Interviews zu sehen, die Filmemacherin Schippling mit zeitgenössischen Musiker*innen, Plattenlabelbetreiber*innen und DJs führte. Acts wie Mouse on Mars, Marcus Schmickler oder Niobe. Ob die diskutierte Musikrichtung tatsächlich den Sound einer ganzen Stadt ausmacht, gerade in Köln, das mit Mundartgruppen wie Bläck Fööss oder BAP auch bundesweit musikalische Vielfalt bewiesen hat, wollen viele der Interviewpartner*innen nicht unbedingt bestätigen. Klar ist jedoch nach den kurzweiligen, überaus informativen 98 Minuten von »The Sound of Cologne«, dass die Entwicklung der elektronischen Musik ohne die Einflüsse aus Köln ganz anders verlaufen wäre.
D 2021, R: Kristina Schippling, 98 Min., Start: 30.11.