»Es ist nicht die Schuld des Platzes«: Kunstpassage am Ebertplatz

Alltag mit Anpöbeln

Die Zwischennutzung am Ebertplatz geht in eine neue Phase — das Sicherheitsgefühl auch

Es ist keine sieben Jahre her, da wollte der damalige Stadtdirektor Stephan Keller (CDU) die »Kunstpassage« am Ebertplatz zumauern lassen. Vorangegangen war ein Streit unter Dealern mit tödlichem Ausgang, der den Platz bundesweit in die Schlagzeilen brachte. Stattdessen beschloss der Rat, den Ebertplatz bis zu dessen Umbau kulturell zu bespielen, mit Gastronomie zu beleben, den Brunnen wieder in Betrieb zu nehmen. Auch die Pläne für den Umbau selbst änderte man: Neben der seit langem geplanten Einebnung des Platzes entsprechend dem Master­plan von Albert Speer soll auch eine »Umgestaltung unter Berücksichtigung des Bestandes« geprüft werden — so der Beschluss von 2021. Ein Platzmanagement wurde installiert, ein politisches Begleitgremium einberufen.

Doch trotz allem fiel zuletzt häufig der Satz: »So schlimm wie jetzt war es noch nie.« Man hört ihn von Anwohnern, aber auch von den Galeristen aus der Kunstpassage. Die KVB warnt ihre Fahrer davor, »wegen der momentanen Situation, die durch die Obdach­losen- und Drogenszene dort herrscht«, am Ebertplatz ihre Pause zu verbringen oder die Toilette auf­zusuchen.

Die Lage sei unübersichtlicher geworden, schildert Michael Nowottny von der Galerie Labor. Zu der Gruppe von Haschisch-Dealern, die sich seit Jahren am Ebertplatz aufhalten, hätten sich weitere Dealer und Drogenabhängige gesellt, zum Teil auch aus Mülheim und vom Neumarkt. Crack werde zunehmend zum Problem. »Die kochen sich das direkt vor unserer Galerie auf«, so Nowottny. »Das sind zum Teil Leute, die aggressiv und unberechenbar wirken.«

Nun hat sich auch eine Gruppe von Eltern aus der Nachbarschaft an die Politik gewandt. Es gehöre für ihre Kinder zum Alltag, auf dem Schulweg in der U-Bahnstation von Betrunkenen angepöbelt oder von flüchtenden Dealern fast umgerannt zu werden. »Unsere Kinder haben jeden Tag Angst auf dem Schulweg. Die Lage ist unerträglich geworden«, so Daniel Bergfeld aus der Elterngruppe. Die Eltern fordern, dass Polizei, Ordnungsamt und KVB vor allem zu Zeiten des Schülerverkehrs noch mehr Präsenz auf dem Platz zeigen, und die Sozialarbeit verstärkt wird.

In der Polizeistatistik schlägt sich die gefühlte Sicherheitslage gleichwohl nicht nieder. Auch ein aggressiveres Verhalten der Personen auf dem Platz kann »seitens der Polizei Köln nicht nachvollzogen werden«, so ein Sprecher. Man gehe davon aus, »dass der Schulweg über den Ebertplatz grundsätzlich als sicher gilt«.

Die KVB hat inzwischen einen eigenen Sicherheitsdienst an der Station im Einsatz. »Wenn die KVB mit ihrer Security vor Ort ist, hilft das sofort — aber immer nur für den Moment«, so Bergfeld. Ihm sei klar, dass die Forderungen der Gruppe »in gewisser Weise eindimensional« seien und es mehr brauche, um die Lage am Ebertplatz nachhaltig zu verbessern. »Aber wir brauchen jetzt auch schnelle Maßnahmen, damit unse­re Kinder ohne Angst zur Schule gehen können.«

Wir brauchen jetzt auch schnelle Maß­nahmen, damit unse­re Kinder ohne Angst zur Schule gehen könnenDaniel Bergfeld, Elterngruppe

Florian Weber (CDU) sieht vor allem die KVB in der Pflicht, ihr »Hausrecht durchzusetzen und Personen, die keine Fahrgäste sind, hinauszubitten«. Darüber hinaus könne man auch übergangsweise Schülerlotsen am Ebertplatz einsetzen. »Der ÖPNV muss angst- und barrierefrei für alle nutzbar sein – besonders für Kinder«, sagt auch Sandra Schneeloch (Grüne). Eine höhere Polizeipräsenz könne helfen, aber das Problem nicht lösen. Schneeloch bringt mehr Sozialarbeit ins Spiel — eine Forderung, die von der Künstlerinitiative schon lange erhoben wird. Man prüfe, ob der Sicher­heitsdienst der KVB ver­stetigt werden könne, »ebenso wie eine vertiefte Kooperation von Ordnungsamt und Polizei, wie es sie auf den Ringen gibt«.

Die Stadtverwaltung hat inzwischen »eine neue Phase der Zwischennutzung« auf dem Platz verkündet. Die Kölner Büros »Raumwerk Architekten« und »Startklar A+B« sollen in den kommenden zwei Jahren eine »Vorqualifizierung« des Planungswettbewerbs erarbeiten und die Zwischennutzung fortführen. »Hier erwarte ich, dass bei der Sozialraumgestaltung besonders auch auf Kinder und das Thema Schulwegsicherheit geachtet wird«, so Schneeloch.

Lehren für die städtebauliche Entscheidung will aus der akuten Sicherheitslage aber niemand ziehen. »Es ist nicht die Schuld des Platzes, dass wir hier Drogensüchtige haben«, so Nowottny. Und sogar Florian Weber von der CDU sagt: »Das Rad hat sich seit dem Masterplan von Albert Speer weitergedreht.« Doch man müsse sich fragen, ob man den weiteren Prozess nicht beschleunigen könne. Nach jetzigem Stand soll nach der zwei Jahre dauernden Vorqualifizierung der Rat über eine Variante — Umbau, Bestandserhalt oder Teil-Umbau — entscheiden, die erst danach geplant und umgesetzt wird. »Die Frage ist, ob wir in den zwei Jahren fundamental neue Erkenntnisse gewinnen«, so Weber.