Windhose gegen Farbdose
Seit dem 21.Dezember 2023 kennt Köln ein neues Wort: den »Tornadoverdachtsfall«. An diesem Donnerstag zog das Sturmtief »Zoltan« durch Deutschland, entwurzelte Bäume, riss Giebel von den Dächern — und entwickelte sich auf einer Schneise durch Köln zu einem Tornado. Besonders in Poll zeigte sich die Kraft der Windhose, die mit Windgeschwindigkeiten bis zu 220 km/h auf der »Fujita Skala« in die Kategorie 2 einsortiert wurde.
In ihrem Weg lag das Quartier am Hafen, seit 2010 einer der wichtigsten Atelier-Orte Kölns. An die 100 Künstler*innen werkeln an Gemälden, Skulpturen, Medienkunst wie Fotografie und Video. Der Bau des Hauses war eine sogenannte Public Private Partnership der Stadt Köln. Noch heute vergibt sie eine Hälfte der Ateliers. Diese sind nicht oder nur kaum vom Sturm betroffen. Die andere Hälfte wird direkt vom Hausbesitzer und Immobilienverwalter Andreas Schmitz und seiner Westwerk GmbH gemanagt. Schmitz ist Co-Geschäftsführer des Quartiers — und steht in dieser Ausnahmesituation in der Kritik.
Sieben Ateliers habe der Sturm zerstört, sagen Mieter*innen. Aufgrund unterlassener Absicherungsmaßnahmen habe der Dauerregen Ende Dezember weitere Gebäudeteile unbrauchbar gemacht. Flure und Räume seien durch das eindringende Wasser geflutet worden, Lampen herabgestürzt, immer noch drohe Schimmel. Doch von Seiten der Geschäftsführung hätte man wenig bis keine Informationen bekommen. Die Künstler*innen fühlen sich im Stich gelassen.
Bei einem Ortstermin Mitte Januar zeichnet Andreas Schmitz ein anderes Bild: Noch in der Sturm-Nacht hätten seine Mitarbeiterinnen mit THW und Feuerwehr erste Sicherungsmaßnahmen unternommen. Am Tag danach habe man das Haus für 24 Stunden gesperrt und nach Rücksprache mit einem Statiker einen Tag später teilweise wieder freigegeben. Die Mieter*innen seien nach besten Wissen ins Bild gesetzt worden. Trotz der schwierigen Zeit um Weihnachten und Jahreswechsel habe er durchgehend versucht, Lösungen für aufkommende Probleme zu finden, sagt Schmitz: »Wir sind ja keine Handwerker. Und wenn uns sieben Dachdeckerbetriebe absagen — wegen fehlender Manpower und verheerender Witterung — dann sind uns die Hände gebunden.« Noch vor Jahreswechsel begannen Handwerker des Hausversicherers mit den Arbeiten am immer noch gesperrten Westteil: Das Dach ist zu weiten Teilen abgedeckt, Betonplatten abgerissen. Schmitz sagt: »Einen Mieter hätte der Sturm fast erwischt.«
Bei einer Mieter*innen-Versammlung am 8. Januar habe man allen »Hausbewohner*innen« das weitere Vorgehen offengelegt: Betroffene, ob nun durch den Sturm selbst oder den folgenden Regen, bekommen Unterstützung, man suche Ausweichräume, stelle Lagerungsorte bereit.
Betroffen ist auch der Lichtkünstler Guillermo Heinze. Sein Atelier sei unbeschädigt, doch der Regen tropfe seitdem in sein Labor für Hologramm-Kunst, dessen Aufbau über ein Jahr der Installation benötigt habe. »Ich kann verstehen, dass es unter diesen Umständen — kurz vor Weihnachten und in den Ferien — keinen Notfallplan gab«, sagt er. Gleichzeitig wünscht er sich eine bessere Kommunikation: »Es ist auch nach dem Gespräch am 8. Januar noch nicht ganz klar, was mit meinem Studio passieren soll und wann was geschehen wird. Für mich ist das hier aber leider nicht nur ein Versicherungsfall, sondern meine Existenz.« Schnell verschwinden dürfte die Sorge nicht. Andreas Schmitz geht im Gespräch mit der Stadtrevue von »mindestens sechs Monaten« Wiederaufbauzeit aus.