Clubs are not for everyone …
Gerne in Clubs zu gehen, bedeutet nicht, in alle Clubs gleich gerne zu gehen. Dass Menschen sich ihre Clubs aussuchen und dort hineinwollen, ist völlig klar. Dass Clubs sich ihre Menschen auch aussuchen, ist ebenfalls bekannt. Dennoch hapert es an dieser Stelle. Obwohl versierte Partymenschen wissen, dass sich ein Club durch seine Verbindung in eine ganz bestimmte Ecke der Musikszene von kommerziellen Schuppen unterscheidet, die sich wiederum um einen möglichst breiten Konsens bemühen, drücken sich zu viele Clubs in Köln vor einer eindeutigen Positionierung. Oder trauen sie sich etwa nicht?
Einige Partyreihen in Köln kommunizieren deutlich, worum es ihnen geht: harten Techno in einem kinky, queeren Kontext gibt es bei Nur Böse, bei den jungen Kollektiven E.P.I.Q. und Précey gibt es ein diverses, musikalisch genre-bending Line-up, bei Brutalism gibt es sowohl als Clubnacht als auch in Konzertformaten klassischen Techno aller Nuancen, der Tom-Tom Club im Jaki ist lokalen und regionalen Artists gewidmet und Research im Gewölbe ist der Sonntagsclub für die Community im Gewölbe. Diesen Reihen gelingt es, durch eine klare Umsetzung ihrer Idee auch die dazu passende Crowd anzusprechen. Nur die Clubs in Köln beweisen kaum Kante, haben kein eigenes Profil, befüllen ihren Kalender mit einer Loseblattsammlung aus Veranstaltungen, noch übertrumpft von musikalisch unstimmigen Line-ups an einzelnen Abenden — wer kann da noch wissen, für wen der Club oder die etwaige Clubnacht denn nun gedacht ist? Ebenso undefiniert bleibt das Publikum, da fühlen sich selten alle gut aufgehoben.
Vielversprechende Kollektive, Labels und Artists haben kaum Gelegenheit, im etablierten Clubbetrieb anzudocken und über Köln hinaus sichtbar zu werden
Die geringe Bereitschaft zu einem klaren Konzept verhindert außerdem Wachstum der Community, denn vielversprechende Kollektive, Labels und Artists haben kaum Gelegenheit, im etablierten Clubbetrieb anzudocken und über Köln hinaus sichtbar zu werden. Die vom Clubbetrieb akzeptierten Reihen wiederum tingeln, warum auch immer, von Location zu Location. Ein Nomadentum, das nicht nur verloren wirkt, sondern für langweilige Redundanz im Programm sorgt und Venues, Reihen sowie deren DJs noch mehr zu einem Einheitsbrei verrührt. Die Clubs haben wenig Eigenes, man fühlt kein Commitment, sie bekennen sich nicht zu Residents, richten sich nicht gezielt an ihre Crowd. So entstehen in einer Stadt weder Lieblingsclubs noch können Erfolgsgeschichten gedeihen. Es bleibt eine Frage von Glück und Erfahrung im Deuten von hiesigen Formaten und Zuständen, um auf der passenden Veranstaltung zu landen. Ein Trauerspiel für dedicated Partypeople.
An dieser Stelle setzen die neueren Clubs in der Region an: Der Tresor.West in Dortmund schafft eine NRW-Außenstelle des legendären Berliner Clubs mit Bezug zum dort typischen Sound; in Köln wird die Eröffnung des neu gebauten, mit gutem Sound ausgestatteten und liebevoll gestalteten Clubs im Luisenviertel (am Ende der Widdersdorfer Straße) erwartet, der vielen der noch herumstreunernden Partyseelen ein sicheres Zuhause werden wird; die Hardwax-Sozialisation des Teams vom Open Ground in Wuppertal zeichnet sich durch Musiknerdism und tiefe Verwurzelung in der Technokultur ab, von der die Gestaltung des Clubs und das Line-up getragen sind.
Was in dieser Konsequenz bedeutet, dass sich längst nicht alle, die gerne zu elektronischer Musik tanzen gehen, von diesen Clubkonzepten angesprochen fühlen — und genau so darf es sein. Denn je präziser ein Club umsetzen und vermitteln kann, worum es ihm geht, desto präziser findet sich dort eine passende Crowd. Nur so kann das Zusammenspiel zwischen Ort und Sound, Musik und Artists, Crowd und Vibe in der benötigten Qualität gelingen, die kollektiv glücklich macht; nur so hat ein Laden die Chance, zu einem Lieblingsclub und, im größeren Szenekontext, ikonisch oder legendär zu werden.
Auch das weniger Undergroundige ist legitim und braucht seinen Platz. Allerdings ist irreführend, wenn dort Clubszene behauptet wird, ohne den damit verbundenen Merkmalen und Eigenschaften gerecht werden
zu können, und dem Publikum gegenüber zugleich fahrlässig. Man kann Club-affinen Menschen deutlich mehr zutrauen und nachwachsende Party-Generationen adäquat sozialisieren, aufklären und musikalisch wie kulturell bilden. Am Ende sind doch alle frei, sich ihre Clubs auszusuchen — oder gibt’s dabei irgendetwas zu befürchten?