Anarchie und Alltag
Das Japanische Kulturinstitut übertrifft sich im Mai selbst, denn: So tief ins Kaumbekannte des einheimischen Kinos ist es noch nie gegangen. Zu sehen sind zwanzig kurze Dokumentarfilme über verschiedene Kunsthandwerke. Zum Teil wurden sie von Schlüsselfiguren des Nichtfiktionalen gestaltet wie zum Beispiel der großen Tokieda Toshie (»Echigo-jōfu«, 1981), dem unvergleichlichen Matsukawa Yasuo (»Metal Hammering, The Art of Okuyama Hôseki«, 1996) oder dem stets zuverlässigen Yamazoe Tetsuo (»Yûzen, The Textile Art of Moriguchi Kakô«, 1988).
Eine kleine Entdeckung sind die Arbeiten von Koyata Wataru (unter anderem »Makie, The Art of Matsuda Gonroku«, 1971; »Kyushitsu, The Art of Mashiki Masumura«, 1982), dessen »Tesukiwashi« (1976) für jeden Foto-Nerd ein Festspiel sein sollte, da es hier um die Herstellung eines Edelpapiers geht, das in der Fotografie sehr viel Verwendung fand. Das ist die Art von Kino, um die man sich viel zu selten kümmert, wohl weil es im Gestus zum Unverstellten tendiert, zum Erklärenden, Edukativen statt zum Obskuren, dessen Heischen nach Bedeutung man nur zu gerne mit Kunst verwechselt.
Um das Sichtbarmachen der Dinge geht es auch dem Kanadier David Cronenberg, dessen frühes Meisterwerk »Rabid« (1977) der Filmclub 813 Ende April in einer kleinen Reihe in memoriam des Filmkritikers Hans Schifferle zeigt — das Maiprogramm war zum Redaktionsschluss leider noch nicht fertig.
Kommentieren wir lieber ein Programm, das schon Monate im Vorab feststeht: die Präsentation von Werken aus dem Filmarchiv Schönecker, welche sich die gerade 30 gewordene Traumathek und das Filmforum NRW teilen. An ersterem Ort läuft im Mai May Spils’ »Zur Sache, Schätzchen« (1967), dessen Swinging-Schwabing-Charme und -Verve überraschenderweise auch heute noch zu begeistern wissen, alldieweil am zweiten Ort mit Axel von Ambessers »Der brave Soldat Schwejk« (1960) faszinierende Bräsigkeit tobt. Als didaktisch-dialektisches Doppelpack zur seelischen wie geistigen Entwicklung der BRD in den 60er Jahren ist diese Kombination top aufschlussreich!
Und schließlich: Wie könnte man den Tag der Arbeit würdiger begehen als in den Lichtspielen Kalk mit John Hughes’ »Ferris Bueller’s Day Off« (1986), einem der fortschrittlichsten Anarcho-Filme, den sich je ein Konservativer mit Legofetisch geleistet hat.