Claude Monet, Frauen im Garten, 1866, Öl auf Leinwand, Musée d’Orsay Paris © Foto: bpk RMN Grand Palais Hervé Lewandowski

Paris, ein Jahrzehnt, eine Revolution

Als aus Romantik und Realismus der Impressionismus wurde

Man meint, man hat noch nie so elegante und anmutige Füße gesehen, wie jene der »Badenden«, die William Adolphe Bouguereau 1864 in Öl verewigte. Im selben Jahr hat Bouguereau, der in seiner Zeit als einer der bedeutendsten Künstler Frankreichs galt, diesen großformatigen Akt, mit seinem wunderbar eleganten, gedämpften Inkarnat, zum Jahressalon der Akademie der Schönen Künste in Paris eingereicht — und wurde später auch dort ausgestellt.

Eine große Ehre, denn die Bedeutung des Salons ist nicht hoch genug zu veranschlagen. In der Epoche zwischen 1799–1870 war der Salon das kulturelle und gesellschaftliche Ereignis der damals bedeutendsten europäischen Metropole. Hier wurde das Who’s Who der französischen Kunstwelt zur Ausstellung gebracht. Jahr für Jahr präsentierten die von einer strengen Jury ausgesuchten Künstler*innen ihre schönsten Werke, bisweilen auch politisch opportunistisch. Neben den noch heute verehrten Edouard Manet und Gustave Courbet, nahmen etliche Maler*innen der Romantik teil, die längst vergessen sind, auch die Gemälde Bouguereau waren lange Zeit für die Kunstgeschichte von geringem Interesse.

»Die Badende« soll jedoch nicht das einzige herausragende Bild in dieser grandiosen Schau bleiben: In den neun Sälen des Obergeschosses bewegt man sich in »1863 — PARIS — 1874« durch eine Großzahl von Gemälden überragender Qualität. Neben der eigenen Sammlung präsentiert das Wallraf  Richartz Leihgaben aus Budapest, Paris oder New York. In kleinen Schritten können wir den Übergang von Romantik und Realismus zum Impressionismus nachvollziehen. Es ist die Leistung der Kuratorin Barbara Schaefer, den Eindruck einer Zwei-Klassen-Ausstellung gar nicht erst aufkommen zu lassen: »Schlechte Romantik — Gute Impressionisten« ist hier nicht die Maxime. Stattdessen werden alle Werke in ihrer zeitlichen Verortung genauso ernst genommen, wie in ihrer (teilweise) überragenden Technik — ob nun vor oder nach »der Revolution« entstanden.

Es ist eine Seltenheit geworden in einem durch Konkurrenzkampf zwischen den Museen bestimmten Ausstellungskalender: Obwohl es hier an bedeutenden Werken, wie den »Frauen im Garten« von Claude Monet aus dem Pariser Musee d’Orsay, nicht ­mangelt, gibt man jedem Bild ­genügend Raum. Die Highlights stechen nicht hervor, sondern stimmen in den Akkord einer kunstgeschichtlichen Epoche ein. 

»1863 — PARIS — 1874 — Revolution in der Kunst«, Wallraf-Richartz-Museum, bis 28.7., Di-So 10–18 Uhr, 1. & 3. Do 10–22 Uhr