Wer darf hier rein? Ehemalige KHD-Hauptverwaltung an der Deutz-Mülheimer Straße

Kompromisslos

Zwei Initiativen streiten über die Zwischennutzung des Otto-Langen-Quartiers

Die Politik streitet über das Otto-Langen-Quartier im Süden Mülheims. Wird hier eine neue »gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung« stattfinden? Oder doch wieder ein Großinvestor zum Zuge kommen? Und jetzt streiten sich auch noch die Initiativen — nicht um Gemeinwohlorientierung, sondern darum, wer an der Deutz-Mülheimer Straße in die ehemalige KHD-Hauptverwaltung ziehen darf. Dort soll es auf 10.000 Quadratmetern für zehn Jahre eine Zwischennutzung geben, um das Veedel mit sozialen und kulturellen Angeboten zu beleben. Auf der einen Seite steht die Initiative Raum 13, die ab 2011 zehn Jahre das »Zentralwerk der schönen Künste« mit kulturellen und politischen Veranstaltungen betrieben hat, bis der damalige Eigentümer sie räumen ließ. Auf der anderen Seite hat sich ein Konsortium Otto-Langen-Quartier gebildet, dessen 16 Vereine berücksichtigt werden wollen: Umsonstladen, Kunst- und Club-Kollektiv, Offene Jazzhaus Schule und weitere Sozial- und Nachhaltigkeitsprojekte.

Eigentlich wollte die Stadt im April aber Raum 13 den Weg ebnen, in das alte KHD-Gebäude zurückzukehren — auf rund 80 Prozent der nutzbaren Fläche. Für das Konsortium blieben nur 20 Prozent. Zu wenig für das Konzept der 16 Initiativen. Eine Einigung unter Moderation der Stadt scheiterte im Februar. Die Stadt wollte daraufhin wie geplant den Mietvertrag mit Raum 13 vom Liegenschaftsausschuss beschließen ­lassen — doch die Politik meldete Beratungsbedarf an und vertagte die Entscheidung auf den 20. Juni.

Die Vorlage wirft Fragen auf. Da Raum 13 gar nicht die gesamte Fläche wird nutzen können, sollte es der Initiative erlaubt sein, Räume unterzuvermieten. In welchem Umfang und an wen, ist nicht ­geregelt. »Eigentlich ist es Aufgabe des Kultur­raummanagements zu entscheiden, wer dort Untermiet­verträge bekommt«, so das Konsortium. Zudem seien keine konkreten Nutzungsbedingungen und Kriterien für die Untermietverträge festgeschrieben. »Es sollten dort nicht nur Kultur, sondern auch Sozialprojekte stattfinden, die dem Veedel gut tun«, so das Konsortium. Anja ­Kolacek von Raum 13 sagt zu den Forderungen des Konsortiums: »Für den von uns nicht ange­mieteten Teil können die ›Interessensbekundungen‹ sicherlich zukünftig mit Politik und Verwaltung ebenso abgestimmt werden, wie wir es in sehr langwierigen, aber letztlich erfolgreichen Verhandlungen für den von uns zukünftig angemieteten Teil umsetzen konnten.«

Wenn die Stadt tief in die Schatulle greift, muss auch für die ­Kölner was dabei ­rumkommenMichael Weisenstein, Linke

Für Michael Weisenstein von der Linken ist wichtig, dass Raum 13 gemäß den Ratsbeschlüssen aus 2022 zwar »federführend« sei, aber »keinen Monopolanspruch« habe. Es sollten sich noch mehr Initiativen ansiedeln, die dem Veedel guttäten — zum Beispiel die im Konsortium versammelten. Zu den Untervermietungen sagt Weisenstein, es spreche aber nichts dagegen, defizitäre Kulturveranstaltungen etwa mit einem »temporären Restaurantbetrieb« querzufinanzieren. »Aber wenn die Stadt tief in die Schatulle greift, muss natürlich auch für die Kölner was dabei rumkommen.« Raum 13 teilt mit, man werde bei Untervermietungen »sicher dieselben Kriterien anlegen wie Politik und Verwaltung an Raum 13«.

Aus der Beschlussvorlage der Verwaltung geht dies jedoch nicht eindeutig hervor. Überhaupt ist vieles vage, etwa, wer die Betriebskosten übernimmt. Die Politik könne keinem Vertrag zustimmen, »in dem nicht klar geregelt ist, wer in welchem Umfang für die Kosten aufkommt«, sagt ein hochrangiges Ratsmitglied. Die Grünen, stärkste Ratsfraktion, äußern sich bislang nicht zu Anfragen. Es gebe intern noch Beratungsbedarf, so ein Sprecher.

Im Juni könnte eine weitere Weiche zum Gelände gestellt werden. Seit Jahren möchte die Politik auch das 4,5-Hektar-Areal im Besitz von NRW Urban, der landeseigenen Entwicklungsgesellschaft, kaufen, das sich hinter der ehemaligen Hauptverwaltung erstreckt. Während die Stadt einen günstigen Direkterwerb anstrebt, setzt NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) auf ein Bieterverfahren an den Höchstbietenden. Sie sagt, für einen Direkterwerb müsse die Stadt das Grundstück zu 100 Prozent für eine kommunale Nutzung und öffentlich geförderten Wohnraum verwenden — und ein entsprechendes Nutzungskonzept vorlegen. Baudezernent Greitemann ist jedoch dagegen, führt unter anderem die personell überlastete Verwaltung und zu geringe Einnahmen bei rein gemeinwohlorientierter Nutzung an. Die Frage wird sein, ob der CDU-nahe Dezernent auch die Grünen davon überzeugt. Zuletzt hatte Fraktionschefin Christiane Martin sich zwar weiterhin für die Gemeinwohlorientierung ausgesprochen, doch ihr Bündnispartner CDU tendiert zur Haltung des Dezernenten. Ob sich nun die Grünen oder ihr Juniorpartner durchsetzen, wird sich auch am 20. Juni zeigen.