Gegensätze ziehen sich an: Julio Torres, Tilda Swinton Foto: © Freeze Corp LLC

Problemista

Julio Torres lässt in seinem Regiedebüt Tilda Swinton in die Vollen gehen

Unterschiedlicher könnten die beiden nicht sein. Der jugendlich wirkende Julio ist gerade aus El Salvador nach New York gekommen, um seinen Traum zu verwirk­lichen und Spielzeugentwick­ler bei Hasbro zu  werden. Elizabeth ist alteingesessene Kunst­kritike­rin und versucht, das Werk ihres früh verstorbenen Künstlergatten bekannt zu machen. Julio ist zurückhaltend, schüchtern und scheint so gar nicht gemacht für den brutalen Konkurrenzkampf in der Weltmetropole. Elizabeth dagegen terrorisiert ihre Umwelt unablässig mit ihren Forderungen und Neurosen. Was die beiden eint: Sie sind Außenseiter in einer Stadt, die keine Schwächen duldet.

Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Julio Torres ist bislang vor allem bekannt durch seine Auftritte bei »Saturday Night Live«. In seinem Regiedebüt kon­trastiert er seinen Deadpan-Stil mit der Exaltiertheit und manischen Energie von Tilda Swinton. Die beiden treffen im Film bei FreezeCorp aufeinander, einer Firma, die mittels Kryogenik Menschen unsterblich machen will, deren Körper werden tiefgefroren, um in einer uns technisch überlegenen Zukunft wieder aufgetaut und wiederbelebt werden zu können. Elizabeth hat hier ihren Mann einfrieren lassen, Julio arbeitet bei FreezeCorp. Sein Job garantiert ihm, dass er seinen Aufenthaltsstatus nicht verliert. Als ihm allerdings wegen einer Unachtsamkeit gekündigt wird, wird Elizabeth plötzlich zu seiner besten Hoffnung, seinen Lebenstraum doch noch erfüllen zu können.

Wenn Julio durch die Hürden des US-Einwanderungssystems navigiert, erinnert das an den kafka­esken Bürokratie-Horror aus ­Terry Gilliams »Brazil«. Ansonsten scheint Regisseur Torres von ­Michel Gondrys surrealer Verschrobenheit inspiriert worden zu sein. Da er seinen Film bei der angesagten US-Produktionsfirma A 24 verwirklichen konnte, bietet sich allerdings noch ein weiterer Vergleich an: mit dem Kassen- und Kritikererfolg »Everywhere Every­thing All at Once«. Beide ­Filme ­erzählen mit bewundernswertem Ideenreichtum eine Einwanderergeschichte, ohne auf ­sozialrealistische Klischees zurückzugreifen. Konventionell bleibt bei beiden allerdings die Entwicklung der Hauptfigur: Dass Julio in »Problemista« am Ende von Elizabeth lernen wird, wie man sich im Leben durchsetzt, lässt sich schon bei ihrer ersten Begegnung vorher­sehen.

USA 2023, R: Julio Torres, D: Julio ­Torres, Tilda Swinton, RZA, 98 Min. Start: 13.6.