Geht auch als Naturschützer: Manfred Kaune, Leiter des Kölner Grünflächenamts

»Entschuldigung, Sie haben vergessen, zu mähen!«

Manfred Kaune, scheidender Leiter des Grün­flächenamts, über die Bedeutung des Stadtgrüns

Herr Kaune, Sie haben 13 Jahre das Grünflächenamt der Stadt Köln geleitet. Nun gehen Sie in den Ruhestand. Ist es noch das Amt, das Sie übernommen haben?

Wir arbeiten noch immer klassisch. In vielen anderen Städten wurden Bereiche outgesourced. Bei uns ist von der Planung bis zur Unterhaltung alles in einer Hand. Dass diese für unsere erfolgreiche Arbeit wichtige Struktur geblieben ist, auch dass 55 Friedhöfe zum Amt gehören, ist sehr erfreulich.
Klima- und Umweltschutz stellen andere Bedingungen ans Stadtgrün. Wir haben unsere Arbeit neu ausgerichtet hin zum ökologischen Grünflächen-Management. Unsere Arbeit hat durch den ­Klimaschutz mehr Bedeutung bekommen und ist spannender geworden. Es ist ein Unterschied, ob man nur mit Rasenmäher und Freischneider arbeitet oder artenreiche Wiesen unterhält.

Früher wären solche naturnahen Flächen kaum denkbar gewesen.

Als wir die ersten artenreichen Wiesen gepflanzt haben, riefen die Leute an: Entschuldigung, Sie haben vergessen, zu mähen! Aber mittlerweile haben wir Schilder aufgestellt, unsere Leute haben ein Info-Faltblatt in der Tasche. Naturnahe Flächen sind enorm wichtig für Artenvielfalt, Vögel und Kleintiere. Es gibt 200 Hektar artenreiche Wiese, die Naturwald-Quote ist auf 16 Prozent angestiegen. Wir haben 70 Hektar Streuobstwiesen kartiert.

Der Bevölkerung wird das Stadtgrün immer wichtiger.

Absolut! Das Bewusstsein der Menschen hat sich gewandelt. Dadurch identifizieren sich mehr Menschen mit unseren Themen. Wenn wir früher Öffentlichkeitsbeteiligungen gemacht haben, sind ein paar Interessensvertreter gekommen, mittlerweile kommen viele normale Bürger. Wir haben niederschwellige Möglichkeiten geschaffen, sich ans Amt zu wenden. Wir sehen jeden, der uns kontaktiert, als Berater. Hinzu kommen die Menschen, die uns ehrenamtlich helfen. Als ich kam, gab es circa 300 Patenschaften für Bäume, kleine Grünflächen und Brunnen, mittlerweile sind es 2.500. Im Sommer übernehmen hunderte Menschen Gießpatenschaften für Bäume. Das ist eine tolle Unterstützung für uns und die Identifikation mit dem Stadtgrün wächst.

Wenn Grünflächen einmal weg sind, sind sie für immer weg

Aber die Menschen werden auch emotional, wenn ein Baum gefällt wird. Wer sich aufregt, dem ist offenbar sein Anliegen wichtig.

Da werden unsere Leute schon mal für Baumfällungen oder Rückschnitte kritisiert. Wer sich aber dazu entschieden hat, Gärtner oder Landschaftsarchitekt zu werden, hat immer eine sympathische Beziehung zu Grün. Dieses Emotionale bei der Bevölkerung war früher allerdings auch ein ­Problem der Kommunikation. Mittlerweile informieren wir die Bürger besser über Maßnahmen zur Grünpflege.

Grünflächen stehen in immer ­stärkerer Konkurrenz zu anderen Nutzungen.

Eine Aufgabe ist deshalb, Strategien zu entwickeln, mit denen das Kölner Grün eine gute Zukunft hat. Wie integriert man es ins Stadtbild, in Bebauungspläne? Wie sichert man es oder entwickelt es weiter? Der Masterplan Grün ist ein Meilenstein. Für uns war auch wichtig, dass das Dezernat für Klima, Umwelt und Grün eingerichtet wurde. Das hatte ­Signalwirkung. Dadurch haben unsere Themen verwaltungsintern eine andere Bedeutung bekommen. Denn natürlich gibt es Flächenkonkurrenzen.

Braucht Grün mehr Schutz?

Manche wollen so viel Wohnungsbau wie möglich realisieren. Auch Schulen müssen gebaut werden. Der erste Gedanke ist oft, dafür Grünflächen zu nutzen. Aber wenn die einmal weg sind, sind sie für immer weg. Es lohnt sich, für jeden Quadratmeter Grün zu kämpfen. Die Politik und ein paar konkrete Fälle haben dazu beigetragen, dass Grünflächen in Köln mehr Wertschätzung erfahren. Die haben sie verdient und das freut mich sehr.

Grünflächen dienen den Menschen  zur Erholung.

Die 2800 Hektar Grünflächen in Köln sind wichtige Erholungsflächen. Dort halten sich Leute auf, machen Sport oder Grillen. Die Leute wollen raus, sich draußen aufhalten und bewegen. Und wenn irgendwann viele tausend Menschen mehr in Köln leben, es aber weniger Grünflächen gibt, nimmt die Lebensqualität ab.