Fix und fertig
1974 startete der Konzern Maggi seine »Fix«-Reihe, der Konkurrent Knorr folgte ein Jahr später. Gewürzmischungen für Klassiker und damals beliebte Gerichte wie etwa Gulasch oder Zürcher Geschnetzeltes. Mit den Tüten für damals 1,35 DM wurde die Zubereitung dieser Speisen »schneller, einfacher, gelingsicher«. Doch wurde auch der Geschmack standardisiert. Wie ein Sauerbraten zu schmecken hatte, bestimmten zunehmend Knorr und Maggi.
Das industriell geprägte Aromaspektrum war aber nicht neu. So hatte sich in den Gaststätten neben die Streuer mit Salz und gemahlenem Pfeffer längst die Maggi-Flasche gesellt; heute stehen dort industrielle Sojasaucen oder vorgefertigte Gewürzmischungen.
Schon Ende der 50er Jahre kamen immer mehr Fertiggerichte und küchenfertige Grundprodukte auf, bis hin zu geschälten Kartoffeln als Konserve. Vieles wurde zum Standard wie Reis oder Knödel im Kochbeutel. Convenience, das bedeutet Bequemlichkeit: Die Industrie lässt sich von privaten Haushalten dafür bezahlen, mit ihren Produkten die Vorarbeiten in der Küche bereits übernommen zu haben.
Auch heute prägt Convenience unseren Ernährungsstil: vom abgepackten Salat bis zum Bio-Pesto
Wenn wir darüber die Nase rümpfen, blenden wir aus, wie Convenience heute mehr denn je unseren Ernährungsstil prägt: vom abgepackten Trend-Salat über Sushi in der Plastikschale bis zu Fonds als Konserven oder Pesto aus dem Bio-Supermarkt. Und schon 1968 etablierte die Lebensmittelindustrie TVP, textured vegetable protein — ein Fleischersatz aus entfettetem Sojamehl und ein Vorläufer der heutigen veganen Convenience-Produkte.
Convenience boomt weiter. Da überrascht es wenig, dass die heutigen ernährungsphysiologischen Appelle so gut wie gar nicht mehr die Zubereitung des Essens thematisieren, sondern den Einkauf: Statt Hauswirtschaft an den Schulen zu lehren, gibt es den Nutriscore im Supermarkt. Ernährung bedeutet heute Konsument zu sein, man isst als Kunde der Ernährungswirtschaft.