Schlüsselmomente der Ekstase
Die ghanaische Sängerin Florence Adooni wird unter Kennern auch als Königin des sogenannten Frafra-Gospels gehandelt. Zum Hintergrund: Die Frafra sind eine Volksgruppe aus dem Nordosten Ghanas, und die antreibende, aufheiternde Musik ihrer sonntäglichen Messen ist dank Adooni nun auch weit über die Landesgrenzen hinaus ein Begriff geworden.
Ihre Debütsingle »Mam Pe’ela Su’ure« (2021) ist eine Frafra-Hymne, die im Gottesdienst klassischerweise nur mit Shakern und Klatschen begleitet wird. In Adoonis Version ist sie mit Highlife-Rhythmen und psychedelischer Funkgitarre angereichert und entpuppt sich als großer Tanzspaß. Der Song erschien in Kombination mit »Naba Aferda«, einer Homage an ihr Heimatdorf Zuarunga, aus dem bereits in den 1970ern Christy Azuma, der erste internationale Frafra-Star, stammte. Die Single platzierte die bis dahin vor allem als Sängerin in anderen Projekten aktive Künstlerin endlich selbst im Spotlight.
Zuvor konnte man ihre Stimme zwar schon auf diversen Gospel-Aufnahmen hören — als Mitglied von Alogte Ohos Formation Sounds of Joy, auf dem Radiohit »Estre« des Kologo-Virtuosen Guy One (ebenfalls aus Nord-Ghana) und sogar auf dem Clubhit »Vocalize My Luv« des Finnen Jimi Tenor. Doch nun ist es Florence Adooni selbst und ihre eigene Mischung aus Highlife, Afrobeat, westafrikanischen Rhythmen und dem Sound ihrer Frafra-Heimat, die in den Mittelpunkt tritt. Ein konsequenter und richtiger Schritt.
Als Teil der Frafra-Volksgruppe ist Florence Adooni dennoch im südlichen Kumasi geboren und aufgewachsen. Das ist die regionale Hauptstadt der Ashanti und gilt als Epizentrum der Highlife-Musik, einem hybrid afrikanischen Pop-Genre, das bereits in den 1920ern aufkeimte. Hier werden Elemente aus Jazz mit melodischen-rhythmischen Riffs verschiedener Gitarren und afrikanischen Perkussions-Instrumenten vereint. Der Name spielt vermutlich auf den Ursprung als Unterhaltungsmusik für die High Society der Kolonialverwaltung an.
Heute jedoch hat Florence Adooni einen Stil begründet, der die jungen Highlife-Musiker ihrer Heimatstadt im tropischen Süden mit den Klängen der nördlichen Savanne zusammenbringt. Die sich oft als Pentatonik bewegenden Gesänge der Frafra lässt sie spielerisch über die Rhythmen der Highlife-Gitarren wandern. Dabei repräsentiert sie nicht nur die stolzeste Musiktradition Ghanas, sondern lässt sich von »westlichem« Pop, Rock und Jazz inspirieren.
Ihre zweite Single »Yinne« heißt soviel wie »Der Schöpfer« und ist im Original ebenfalls einer der Schlüsselmomente, die auf dem Höhepunkt der Frafra-Gottesdienste gesungen werden, um die Glaubensgemeinschaft in Ekstase zu versetzen. Auf der bei Philophon Records (Berlin/Ghana) erschienen Aufnahme beweist Adooni aber auch, dass sie ruhigeren Afro-Soul beherrscht, der einen langsameren, meditativen Aspekt ihrer Musik herausstellt.
Ähnlich besonnen klingt ihre Zusammenarbeit mit dem deutschen Produzenten Erobique alias Carsten Meyer. Der Publikumsliebling, der sonst eher für unkonventionelle, gern humoristische Tanzmusik verantwortlich zeichnet, traf Adooni bei einem Ghana-Besuch im Studio und nahm mit ihr das beschwingte und trotzdem süßlich-sentimentale »Mala Toma« auf.
Adoonis ›Yinne‹ heißt soviel wie ›Der Schöpfer‹ und ist im Original einer der Höhepunkt der Frafra-Gottesdienste
Am deutlichsten verbindet Florence Adooni die Vergangenheit und Moderne auf der B-Seite ihrer neuen Scheibe, wenn auf »Otoma da Naba« eine Synthesizer-Bassline aus dem Roland TB-303 Drumcomputer blubbert, was den Song zunächst elektronisch anmuten lässt. Doch dann singt Florence darüber in äthiopischer Pentatonik, während die Highlife-Gitarren im Hintergrund eine ghanaische Atmosphäre heraufbeschwören und schließlich der Chorus den Gospel der Frafra aufgreift.
Noch poppiger und mit seinem Ruf/Antwort-Gesang eine sofortige Einladung zum Mitsingen ist der spielerische »Uh-Ah Song«: damit kündigt Adooni überschwänglich ihr im Herbst kommendes Debüt-Album »A.O.E.I.U.« an. Nachdem die Studio-Aufnahmen mit dem achtköpfigen Live-Ensemble eingespielt sind, tourt die Band aus Kumasi nun gemeinsam auf einer groß angelegten Konzerttour erstmals quer durch ganz Europa. Neben Gigs auf großen Festivals wie der Fusion steht auch der Kölner Stadtgarten Mitte Juli auf dem Programm. Eine Premiere, der man euphorisch entgegenfiebern darf.