Kinds of Kindness
»Everybody’s looking for something«, singt Annie Lennox, ohne zu verraten, wonach. Wenig später warnt sie: »Some of them want to abuse you.« Und gleich darauf vielleicht verstörender: »Some of them want to be abused.«
Gleich zu Beginn von »Kinds of Kindness« sind diese Zeilen aus dem Eurythmics-Überhit »Sweet Dreams (Are Made of This)« zu hören. Es ist ein poppiger Anfang für einen Film, der sperriger und düsterer ist als Yorgos Lanthimos’ letzte Filme »The Favourite« und »Poor Things«, die nach Drehbüchern des aus dem TV-Geschäft kommenden Australiers Tony McNamara entstanden. Für »Kinds of Kindness« hat der Grieche dagegen erneut mit seinem Landsmann Efthimis Filippou zusammengearbeitet, der bis 2017 an allen seinen Scripten mitgeschrieben hat. Und so erinnert »Kinds of Kindness« eher an Lanthimos’ Frühwerk als an seine letzten beiden Erfolge.
Drei separate Geschichten werden in fast drei Stunden erzählt. Zunächst scheinen sie nichts miteinander zu tun haben, außer dass in allen dieselben Darsteller auftauchen — allerdings in ganz unterschiedlichen Rollen. Im ersten Teil spielt Jesse Plemons den Angestellten einer Firma, dessen charismatischer Geschäftsführer ganz wörtlich sein ganzes Leben kontrolliert. Als sich der Liebling des Chefs eines Tages weigert, einen unethischen Auftrag zu erfüllen, bereut er es schnell. Im zweiten Teil spielt Plemons einen Polizisten, dessen Frau, gespielt von Emma Stone, bei einer Expedition verschollen ist. Als sie unerwartet wieder auftaucht, glaubt er ihr nicht, dass sie noch dieselbe Person ist — und zwingt sie zu grausamen Beweisen ihrer Liebe. Im dritten Teil spielt Stone eine Sektenangehörige, die nach ihrem Rauswurf zu extremen Mitteln greift, um wieder in den Schoß der Gemeinschaft aufgenommen zu werden.
Woraus sind die süßen Träume gemacht, nach denen wir uns alle sehnen? Aus dem Wunsch anerkannt und geliebt zu werden, wissen Lanthimos und Filippou. Dafür würden wir im Beruf, in unseren Beziehungen, im Glauben alles tun, spitzt »Kinds of Kindness« sardonisch und bis zur Kenntlichkeit entstellt zu. Das macht anfällig für Missbrauch. Aber vielleicht sind wir manchmal auch die willigen Opfer.
USA 2024, R: Yorgos Lanthimos, D: Jesse Plemons, Emma Stone, Margaret Qualley, 164 Min. Start: 4.7.