»Ich frag mich nur, ob ich es zu hübsch gemacht habe«: Der neue »Kiosque« an der Beethovenstraße

»Man kann nichts von Idioten verkaufen«

Wein und Eis — geht das zusammen? Claudia Stern macht den Versuch in ihrem neuen »Kiosque«

Vor kurzem wurden in dem Ladenlokal an der Beethovenstraße 14 Haare geschnitten. Nun reiht sich an den Wänden eine Weinflasche an die nächste. Das Herzstück aber steht in der Mitte des Ladens am Verkaufstresen: eine große Truhe, aus der Eissorten aus Edelstahlboxen gespachtelt werden.

Nachdem in Köln im »485Grad« zur Pizza eine ausgezeichnete Weinkarte gereicht wird  und Sommelier Toni Askitis in Düsseldorf auf Wein zu Pommes setzt, gibt es hier also Wein und Eis. Passt das? Claudia Stern, preisgekrönte Sommelière, ist ­davon überzeugt: »Eis und Wein — das ist für mich ein hedonistisches Glücksgefühl.«

Zum Beweis stehen schnell drei Eissorten der Wuppertaler Manufaktur Creme Eis neben ­einem Glas Winzersekt. Hedonistisch geht es dann auch los: »Champagnerstyle«. Neben den feinen Aromen überzeugt die Cremigkeit — ein leichtes Fettgefühl bleibt im Mund und passt zur ­Säure des Weins. »Das macht die Butter«, sagt Stern. Die kommt aber nicht in jede Sorte. Rhabarber ist nicht minder ­cremig, aber vegan.

Eis und Wein — das ist für mich ein hedonistisches Glücksgefühl Claudia Stern, Sommelière

Mit dem Eisangebot und der Idee eines Büdchens statt einer Delikatessenhandlung möchte Stern dichter ans Veedel wachsen, wie sie sagt. Mit ihrem »Weinloft«, in dem sie etwa Genuss-Seminare gibt, ist sie schon lange an der ­Beethovenstraße zu Hause. Aber es fehlte die Tür zum Veedel, sagt sie. Das habe sich mit den neuen Räumen geändert: »Der Kiosque soll die Hemmschwelle nehmen.« Stern schaut sich in dem instagramtauglichen Raum mit dem großen David-Bowie-Bild um. »Ich frage mich nur, ob ich es vielleicht ein bisschen zu hübsch gemacht habe.« Das könne ja auch abschrecken. »Ich weiß ja, dass man auch über uns schwätzt: teure Weine, mundgeblasene Gläser«, sagt die gebürtige Badenerin.

Teurere Weine findet man ­tatsächlich in den Regalen — aber eben auch günstigere. Und dann noch ein spezielles Angebot: den Veedelswein. »Das sind Einzelflaschen, die wir alle für den gleichen Preis verkaufen«, so Stern. »Da kann man Schnäppchen machen.« Claudia Stern sagt, sie ­nehme nur »Herzensweine« ins Angebot — von Winzer:innen, die sie schätzt. »Es muss doch ein reflektierter Mensch sein, wenn ich Geld für die Produkte gebe«, sagt sie. »Man kann ja nichts von Idioten verkaufen.«

Je länger das Gespräch dauert, umso deutlicher wird: Es geht um mehr als Hedonismus, es geht darum, dass Genuss und nachhaltiges, soziales Wirtschaften Hand in Hand gehen. Das bedeutet auch: keine Weine aus der Massenproduktion. Und Stern kann zu jeder Flasche, jedem Weingut, jedem Weinberg Geschichten erzählen.

Das gilt auch fürs Eis. Kaspar Stange kommt mit einer neuen Lieferung vorbei und erzählt, warum er sich als ehemaliger Spitzenkoch ganz dem Eis verschrieben hat. Der Fokus auf den Geschmack und bestmögliche Zutaten ist geblieben. Stange kennt die Höfe gut, von denen er die Milch verarbeitet, und setzt auf Direktvertrieb. In Wuppertal hat er ein Eis-Labor. Dort experimentiert Stange mit fermentierten Obstsorten, Ölen, Gewürzen, lokalen Blumen und Gemüsesorten. Und die Retro-­Eisboxen mit runden Deckeln ­seien nicht nur stylish, sondern auch nachhaltiger, weil sie weniger Kühlung benötigen, sagt er.

Zu dieser Versessenheit auf Qualität passt, dass Stern und ­Kaspar Stange beim Verein ­»freakstotable« aktiv sind. Ziel des landesweiten Netzwerks ist es, nachhaltige, ethische und ­inklusive Lebensmittelkultur zu schaffen.

Wie es sich für ein echtes Büdchen gehört, gibt es im Kiosque mehr als bloß Alkohol und Eiscreme. Etwa Sojasauce nach traditioneller japanischer Herstellung — allerdings in Franken und aus fränkischen Feldprodukten hergestellt, außerdem handgemachte Butter und auch nachhaltige Fischkonserven. Am Wochenende kommt noch Brot von der Kölner »Koorn«-Bäckerei und Gemüse von »Bio Frings« aus der Eifel hinzu. Daraus werden für die Kundschaft auch Picknickkörbe gepackt. »Ich glaube, dass gutes Essen jeden bewegt«, sagt Stern. Einfach, aber gut. »Maria Hilf«, nennt sie das, wenn sie ein schnelles Abendessen zusammenstellt: Brot und Käse. Aber am Ende ist auch das Pistazieneis so gut und reichhaltig, dass es
als eigene Mahlzeit gelten kann.

Wine & Glory — Kiosque für Wein, Käse und Crème-Eis

Beethovenstraße 14 (Kwartier Latäng)
wine-and-glory.de