Regional, saisonal, scheißegal
Ernährungspolitik ist in Köln kein großes Thema. Auch wenn über den Großmarkt diskutiert wird, geht es selten ums Essen — dabei könnte er eine wichtige Rolle spielen in einer Ernährungswende hin zu mehr regionalen, nachhaltigen Lebensmitteln auf Wochenmärkten, in Kantinen und Restaurants.
Diese Chance ist inzwischen vertan. Der Betrieb in Raderberg endet mit dem Jahr 2025. Ende Juni wollten SPD, Linke, FDP und Einzelmandatsträger Thor Zimmermann im Stadtrat das Aus zumindest vertagen, doch Grüne und CDU hielten daran fest. Sie begründen das mit dem neuen Stadtviertel »Parkstadt Süd«, das rund um das Gelände entstehen soll und sich verzögern würde, wenn der Großmarkt bliebe. Damit steht fest, dass Köln in eineinhalb Jahren keinen Großmarkt mehr haben wird. Denn man konnte sich auch nach mehr als zwei Jahrzehnten politischer Debatte weder auf einen Standort einigen noch auf ein Konzept, mit dem er betrieben werden könnte. Zuletzt hatte sich ein Umzug nach Marsdorf zerschlagen.
Dass sich Köln künftig regionaler und gesünder ernährt, wird ohne Großmarkt noch unwahrscheinlicher
Politik und Verwaltung haben über Jahre verpasst, den Großmarkt zu einem Umschlagplatz von regionalen, saisonalen Produkten umzubauen. Und das, obwohl man gleichzeitig unter städtischer Förderung den Ernährungsrat »Impulse für eine kommunale Ernährungsstrategie« ausarbeiten ließ. Die Politik erreichte dieser Impuls jedoch nicht. Zwar werden regelmäßig »inhabergeführte Lebensmittelläden« oder Wochenmärkte als »Frischeversorgung in den Veedeln« als Großmarkt-Kunden angeführt. Doch auf eine kommunale Ernährungswende zahlt der bisher kaum ein: Lebensmittel aus der Region, zumal von kleineren BioErzeugern, werden dort kaum gehandelt. Es gibt Papaya und Calamari statt Forellen aus dem Bergischen Land und Tomaten aus Stommeln.
Für die kommunale Lebensmittelversorgung ist das Aus dennoch bedauerlich. Denn es gehen Strukturen verloren, mit denen man eine echte Ernährungswende in Köln hätte anstoßen können. Dass sich Köln künftig regionaler und gesünder ernährt, wäre auch mit einem Großmarkt unwahrscheinlich gewesen. Ohne Großmarkt wird es noch unwahrscheinlicher.