Longlegs
»Nouveau shamanic« nennt Nicolas Cage seinen Schauspielstil, eine Mischung aus exaltierten Posen, wie man sie aus Stummfilmen kennt, Gesten, die einem schamanischen Ritual entlehnt zu sein scheinen, gepaart mit Anleihen an japanisches Kabuki-Theater und Momenten ungezügelten Exzesses. Allein seine Präsenz verleiht Filmen eine besondere Qualität, die der inzwischen 60-jährige Cage in den vergangenen Jahren dazu verwendet hat, Werken Aufmerksamkeit zu verschaffen, die seltsam und ungewöhnlich sind, wenn auch längst nicht immer rundum gelungen. Besonders bei Genrefreunden haben Filme wie »Mandy« oder »Pig« längst Kultstatus. In dieser Reihe dürfte bald auch Osgood Perkins’ »Longlegs« stehen, in dem Cage die Titelrolle spielt, die aber nicht die Hauptrolle ist.
Denn der sich Longlegs nennende Mann, eine bleiche, langhaarige Gestalt, taucht zwar gleich zu Beginn kurz auf, verschwindet dann aber für lange Zeit aus der Geschichte. Ein Film der falschen Fährten also, der mit fast quadratischen Bildern aus den 70er Jahren beginnt: Ein kleines Mädchen ist hier zu sehen, das dem unheimlichen Longlegs begegnet, einem Serienkiller, der auch in den 90er Jahren noch sein Unwesen treibt.
Die junge FBI-Agentin Lee Harker, gespielt von Maika Monroe, steht hier im Mittelpunkt. Sie besitzt seherische Fähigkeiten, die sie bald gebrauchen kann, denn Übernatürliches bricht sich zunehmend Bahn. Ihr Boss setzt sie auf den Longlegs-Fall an. Das FBI ist vor ein Rätsel gestellt: Immer wieder werden Familien gefunden, die sich scheinbar im Blutrausch ermordet haben, erst der Vater die Frau und die Kinder, dann sich selbst. Spuren gibt es kaum, nur rätselhafte Briefe, unterzeichnet mit: Longlegs.
Wie ein Variante der in den vergangenen Jahren so beliebten True-Crime-Serien mutet das an. Die junge, noch etwas unbeholfene, aber ambitionierte FBI-Agentin lässt wiederum unweigerlich an Jodie Foster in »Das Schweigen der Lämmer« denken. Geschickt spielt Osgood Perkins (Sohn von »Psycho«-Star Anthony Perkins) mit Genre-Motiven und der Präsenz von Nicolas Cage, der den Film dominiert, auch wenn er nur in wenigen Szenen auftaucht. Eine einzige Szene mit Cage und Monroe gibt es, aber allein für diesen Moment lohnt sich die Eintrittskarte — wenn man Lust auf verstörende Kino-Momente hat.
USA 2024, R: Osgood Perkins, D: Maika Monroe, Blair Underwood, Nicolas Cage, 101 Min. Start: 8.8.