Ein ganzes Stück Weg zum neuen Kooperationshaus: Depot in Mülheim

In Zeiten des abnehmenden Geldes

Das Depot auf der Schäl Sick in Mülheim soll als Kulturort erhalten bleiben, das hat der Stadtrat ­beschlossen. Doch das Konzept der AG Depotopia wirft Fragen auf

Auf den Beton vor dem Depot pflanzte man trotzig einen Garten, 2013 war das. So richtig vorstellen, dass das Schauspiel Köln nicht mehr in diesem Interim, in dem es auch durch Kontakte in die migrantische Community der Keupstraße verwurzelt zu sein scheint, residiert, kann man sich das noch nicht. 2025, vielleicht, wird der Umzug an den Offenbachplatz passieren. Bis dahin macht man sich schon Gedanken, wie es auf dem Gelände der ehemaligen Kabelfabrik Felten und Guillaume weitergehen soll. Ein neuer Kulturort soll in Mülheim entstehen. Ein Kooperationshaus.

Doch von vorne: Bereits der Kulturentwicklungsplan von 2009 sah ein Tanzhaus in Köln vor, 2011 beschloss der Rat dann die »Mitnutzung der sanierten Bühnen durch die Freie Szene« und im Juni 2023 noch einmal die kulturelle Weiternutzung des Depots — mit Stimmen von Grünen, CDU, Volt und Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Für weitere 15 Jahre soll dort die Darstellende Kunst einen Spielort haben, mit Verlängerungsoption um weitere fünf Jahre. Die AG Depotopia kam an einen Tisch, ein Zusammenschluss aus Vertreter*innen der Freien Szene aus den Sparten Tanz, Theater, zeitgenössischer Zirkus und Musiktheater, sowie Vertreter*innen der Bühnen Köln und des Kulturamtes. Ihr Konzept zur Depot-Nachnutzung stellten sie im vergangenen Mai vor.

»Eine so große Bühne nutzen zu können, wäre fantastisch«, sagt Manuel Kisters, Choreograf und Tänzer und seit Jahren engagiert in der Kulturpolitik, jetzt auch als Mitglied der AG Depotopia. »Eine Bühne, an der Freie Szene und Institutionen auf Augenhöhe miteinander arbeiten, gibt es in Deutschland so noch gar nicht. Das kann zukunftsweisend sein, dafür wie das ganze System funktioniert.«

Denn in Mülheim soll künftig ein Spiel- und Veranstaltungsort entstehen, in dem Künstler*innen aus der Freien Szene mit den Städtischen Bühnen und dem Tanz zusammenkommen. Das Leitungsmodell, anders als die klassische Intendanz, setzt sich aus fünf Stimmberechtigten zusammen, je eine für Schauspiel Bühne, Schauspiel Tanz und einer neutralen Geschäftsführung, und zwei Stimmen für die Freie Szene. Und die Finanzierung?

Man fragt sich: Sind 150 oder 180 ­Vorführungen überhaupt wirtschaftlich rentabel?

Ende Juni waren rund 400 Demo-Teilnehmer*innen auf dem Theo-Burauen-Platz zusammengekommen, nachdem bereits vor Monaten bekannt geworden war, dass die NRW-Landesregierung im Haushalt 2024 nur noch 0,31 ­Prozent für Kultur vorsieht. Dem eigenen Vorhaben, den Kultur-Etat um fünf Prozent zu steigern, widerspreche diese Kürzung, kritisierte etwa der Kulturrat in NRW. So stellt sich die Frage: Wie soll das Kooperationshaus realisiert werden, wenn in der Kultur die Fördergelder gekürzt werden?

Im AG Depotopia-Konzept sind zwei Varianten vorgesehen. Eine, in der auf die verschiedenen Sparten verteilt, 150 Vorstellungen pro Jahr vorgesehen sind, eine zweite mit 180 Aufführungen pro Spielzeit. Von rund 3,4 Millionen Euro Produktionskosten geht man in Variante 1 aus, für die zweite kämen noch einmal 350 000 Euro hinzu — und man fragt sich: Sind 150 oder 180 Vorführungen überhaupt wirtschaftlich rentabel? Zum Vergleich: Das Schauspiel kam auf rund 380 Vorstellungen jährlich im Depot.

Mit Lena tom Dieck, Projektleiterin der AG Depotopia, kam zu diesen Fragen nur ein kurzes Telefonat zustande: Weil sie bei der Stadt Köln angestellt ist, muss sie von der dortigen Pressestelle die Freigabe zu einem Interview ­einholen. Doch die ließ verlauten, dass aufgrund der Urlaubszeiten die Interviewfragen lediglich schriftlich beantwortet werden. Dass man Lena tom Dieck da bereits erreicht hatte, warum man denn nicht mit ihr sprechen ­könne, wurde mit der raschen Beantwortung der Fragen quittiert, schriftlich, knapp, nüchtern: Das Depot könne langfristig und nachhaltig als rechtsrheinischer Kulturort erhalten bleiben und vor ­allem der Freien Szene eine weitere große Bühne bieten, heißt es. Wie und in welcher Form dieses Konzept umgesetzt werden könne, sei Bestandteil der laufenden Haushaltsgespräche für 2025/26.

Auch der Verband Darstellende Künste sieht das Unterfangen kritisch, so scheint es. In einem ­öffentlichen Statement im Juni kritisierte er, »das öffentliche Schweigen der Parteien zu möglichen Kürzungen bei den Mitteln der freien Szene«. Man stehe zwar hinter den Zielen des Konzepts der AG Depotopia, also Freie Szene und städtische Institutionen auf Augenhöhe. Die »nicht vorhandene Finanzierung für den Anteil der freien Szene« spreche momentan leider noch eine andere Sprache.