Mata Hari: Plattfüße, na und?

Alles nur erfunden

Bis in die 1930er Jahre wusste niemand über die wahre Existenz von Mata Hari, einer Stripteasetänzerin, die als Doppelspionin hingerichtet wurde

Angeblich sei sie gar nicht ge­storben, die Doppelspionin, an diesem frühen Morgen, als zwölf ­Gewehrläufe des französischen Militärgerichts auf sie zielten. ­Angeblich habe sie im entscheidenden Moment den Pelzman­tel fallen lassen, darunter ein Hauch von Nichts, bloß Körper — der ­Körper einer Stripteasetänzerin, einer Legende, schon zu ­Lebzeiten.

Bis in die 1930er Jahre, also lange nach dem Tod von Mata Hari (1876-1917), galt es als Tatsache, dass sie an der Küste von Malabar geboren und aufgewachsen war, wahlweise eine Familie der Brahmanen entstammend oder als Sproß eines javanischen Sultans. Sie selbst erfand immer neue Fantasiedichtungen über ihr Leben, um das Bild der indischen Tänzerin, die das Kamasutra beherrscht und in Tempeln das ­Tanzen lernte, zu perfektionieren.

Ihre Lebensgeschichte erzählt auch von der kolonialen ­Arroganz des Westens: Weil sich niemand mit der realen Kultur ­Indiens auskannte, konnte Mata Hari ihrem reichen Publikum viel erzählen. Schleiertanz, Kostümierung, der als Exotik kolportierte Stil ihres Tanzes — all das machte sie zu einer der bekanntesten Nachttänzerinnen ihrer Zeit, sehr zum Missfallen ihres vor Eifersucht nörgelnden Ehemannes, der sie der Plattfüße ­bezichtigte.

Dass sie erst als Spionin des deutschen Nachrichtendienstes unter dem Decknamen H 21 anheuerte, und ein Jahr später vom französischen Geheimdienst angeworben wurde, fiel ihr letztlich auf eben diese. Nichts als Klatsch und Tratsch aus Paris soll sie erzählt haben, die Kontakte in neu­ralgische Bereiche fehlten ihr, und vermutlich war das Dasein als Doppelagentin ohnehin für die recht naive Mata Hari bloß ein Einkommen, angesichts der Geldnot unter der sie am Ende ihrer Tanzkarriere litt.

1917 wurde sie im »Elysées ­Palace Hotel«, einem Luxus-­Etablissement, verhaftet. Es heißt, sie habe gerade ein Bad ­genommen und den Polizisten nackt Schokolade serviert. Kurze Zeit darauf verurteilte sie ein französisches Militärgericht wegen Hochverrat zum Tod. Dass sie als Margaretha Geertruida Zelle aus der niederländischen Provinz Friesland stammte, ihr Vater ein Hutmacher war und sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin gemacht hatte — von diesem gut ­gehüteten Geheimnis erfuhr die Welt erst viele Jahre später.