Wie ein Blitzeinschlag
Giuseppe Verdi lässt seine Oper »Attila« mit einem Chor beginnen: »Schreie, Raub / Stöhnen, Blut, Schändung, Zerstörung / Gemetzel und Feuer / Sind Attilas Zeitvertreib«. Ein düsteres Bild, das hier vom Hunnenkönig gezeichnet wird, eines, das keine zwei Seiten kennt — ein eindimensionaler Feind. Links das gute, feine, lebendige Römische Reich, rechts die gewalttätigen Hunnen, die mit aller Härte zuschlagen.
West-Rom war Anfang des 5. Jahrhunderts schon im Auflösungsprozess, von der großen Kultur der Römer war wenig mehr als ein Scherbenhaufen übrig — der Schweizer Bildhauer Paul Suter, der seine Skulptur »Attila« nannte, hat immer wieder sein Interesse an Geschichte und Mythos bewiesen. Dafür bäumen sich heute an der Neuen Weyerstraße Edelstahlträger auf neun Meter Höhe auf, streben gen Himmel, verrenken sich dabei.
Auf dem Bürgersteig wirkt die Skulptur in dunkelgrau gewaltig, furchterregend — Attila, das Monster? Ein Glück fast, dass diese Nordecke des Barbarossaplatzes durch die autofreundliche, aber menschenfeindliche Stadt nicht so belebt ist, dass »Attila« in besonderem Maße Spaziergänger stören würde. So ist der Aufbau vielen Kölner*innen vor allen Dingen als Blickfang aus der KVB oder dem Auto bekannt. Steht man aber neben der Skulptur des Schweizer Künstlers Paul Suter, inspiziert das Stahlkonstrukt genauer, erkennt man trotz aller Monumentalität eine gewisse Leichtigkeit. Die Bauteile wirken fast gegeneinander verschiebbar, bei stärkeren Windböen vibrieren die Stahlträger ganz sacht.
Paul Suter, 1926 in Aarau geboren, zählt zu den bedeutendsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts, schuf nach anfänglichen Arbeiten in Bronze und Stein, vor allen Dingen Konstruktionen aus Eisen und Stahl. Seine Arbeiten, wie auch »Attila«, lassen sich als spätkonstruktivistische Auseinandersetzungen lesen, ihnen ist der Aufbruch und das Revolutionäre der Moderne genauso eingeschrieben wie die Gewalt der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Die von dem Sammlerpaar Stoffel, die auch den Skulpturenpark initiiert haben, gestiftete Skulptur verweilt so in einem ambigen Zustand; wie ein Vexierbild sieht man hier einen göttlichen Funken, der Keimzelle für Kreation wird — oder Verwüstung hinterlässt.