Lotta kauft ein Haus
Ein Kneipenbesuch kann für vieles gut sein. Manchmal lernt man sogar Leute kennen, die einem dabei helfen, ein Haus zu kaufen: So war es in der Lotta, einer von einem Kollektiv geführten Fußball- und Musikkneipe in der Südstadt. Als im November vergangenen Jahres die Nachricht eintraf, dass das Haus verkauft werden soll, in dem sich seit mehr als zwanzig Jahren die Lotta befindet, gründeten Kneipiers und Stammgäste den Verein »Auftrag Südstadt«. Sein Ziel: Das Haus kaufen, damit es nicht zum Spekulationsobjekt von Immobilienfirmen wird. Genau das war nämlich einige Jahre zuvor mit dem Nachbarhaus geschehen, den Mietern wurde gekündigt, es wurde abgerissen und durch ein neues Wohnhaus mit teuren Wohnungen ersetzt. »Wir wollen günstigen Wohnraum und natürlich unsere Kneipe erhalten«, sagt Julia Cremer von »Auftrag Südstadt«.
Unsere Unterstützer*innen wollen zeigen, dass es ein Gegenmodell zum üblichen Immobilienmarkt gibt Julia Cremer
Das hat nun tatsächlich geklappt: Ende Juli wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Dafür hat sich der Verein mit der Wohnungsgenossenschaft WOGE und dem katholischen Sozialverband In Via zusammengeschlossen. In Via soll zwei Etagen des Hauses übernehmen, um darin junge Frauen in der Ausbildung unterzubringen. Nun müssen zugesagte Spenden, Kredite und Genossenschaftsanteile in Höhe von 750.000 Euro eingesammelt werden, damit der Kaufvertrag ab Oktober in Kraft treten kann. Julia Cremer ist optimistisch: »Innerhalb von einer Woche wurde uns schon die Hälfte der Summe überwiesen.« Seit der Kaufvertrag unterzeichnet ist, sei die Nachfrage nach Genossenschaftsanteilen noch weiter gestiegen, so Cremer. Durch die Anteile erwerbe man zwar kein Recht, selbst ins Haus einziehen zu können. »Aber das Thema Wohnen beschäftigt alle, die in der Großstadt wohnen. Unsere Unterstützer*innen wollen zeigen, dass es ein Gegenmodell zum üblichen Immobilienmarkt gibt.« Die Kontakte zur WOGE wie auch zu In Via kamen über Stammgäste zustande. Man wäre von selbst nicht unbedingt darauf gekommen, einen katholischen Verein anzusprechen, sagt Julia Cremer. »In Via ist auf uns zugekommen, weil einige Mitarbeiter seit Jahren in die Lotta gehen.« Man teile das Ziel, gemeinnützigen Wohnraum zu erhalten und Verdrängung zu verhindern.
So sollen auch die jetzigen Mieter in jedem Fall bleiben können. Mit Ausnahme der etwas größeren Dachgeschosswohnung haben alle dreizehn Wohnungen nur ein Zimmer und sind 20 Quadratmeter groß, einige stehen aktuell leer. Alle müssen saniert, die Elektrik und die sanitären Anlagen erneuert werden. Sobald die leer stehenden Wohnungen saniert sind, können die Mieter intern wechseln.
Mit dem Hauskauf und der Sanierung sei der »Auftrag Südstadt« aber nicht abgeschlossen, sagt Julia Cremer. Der Verein organisiert weiterhin Veranstaltungen zum Thema Wohnen und unterstützt beispielsweise auch eine Kneipe in Ehrenfeld, der die Schließung droht: Den Bergkrug in der Sömmeringstraße, seit fünfzig Jahren ein Familienbetrieb. Auch dort will der Eigentümer das Haus verkaufen, und die Wirtinnen sammeln nun Spenden und Darlehen, um die Kneipe selbst erwerben zu können. Für eine weitere Ehrenfelder Kneipe ist es bereits zu spät: Das Qlosterstüffje an der Venloer Straße musste Ende Mai wegen einer Mieterhöhung schließen.
Lotta
Kartäuserwall 12, Severinsviertel
lotta-koeln.de