Anschluss für alle!

Nur ohne neuen U-Bahn-Tunnel kommt Köln bei der Verkehrswende voran

 

Eigentlich sollten Jahr für Jahr mehr Menschen mit Bus und Bahn fahren und dafür das Auto stehen lassen. In Köln passiert das Gegenteil: Die KVB verliert Fahrgäste. Dafür gibt es viele Gründe: überfüllte Bahnen; ein ausgedünnter Fahrplan, auf den man sich trotzdem nicht verlassen kann. Manche Stadtteile sind mit dem ÖPNV nur mit viel Geduld und guten Nerven zu erreichen. Dabei hat die KVB viele Pläne zum Netzausbau in der Schublade. So soll die Linie 13 vom Sülzgürtel über Klettenberg und Raderthal bis zum Rhein verlängert werden. Widdersdorf, Rondorf und Meschenich sollen endlich Anschluss ans Stadtbahnnetz bekommen, ebenso wie Stammheim, Flittard und Langel im Rechtsrheinischen. Doch ob all das Realität wird, ist offen. Nur die Ost-West-Achse und die Nord-Süd-Stadtbahn würden definitiv umgesetzt, verkündete KVB-Chefin Stefanie Haaks Anfang August. Das Geld sei knapp. Wenn der Bund nicht mehr zuschieße, stünden alle ­anderen Projekte vor dem Aus.

Kurz zuvor hatte sich die ­Kölner SPD mit einem Vorschlag in die Sommerpause verabschiedet, der eine ganz andere Sprache spricht: Sie will die Ost-West-Achse sowohl ober- als auch unter­irdisch ausbauen — und zwar nicht nur mit dem derzeit in Rede stehenden kurzen U-Bahn-Tunnel, sondern weiter unter dem Rhein hindurch bis nach Deutz. Diese Idee hatten die Genossen schon vor sechs Jahren präsentiert, sie galt als nicht förderfähig und wurde im Rat verworfen. Nun holen sie die Pläne wieder hervor, obwohl man auch in der SPD von der angespannten Haushaltslage gehört haben dürfte. Nicht nur Köln, auch der Bund muss sparen. Die Chancen auf groß­zügige Fördermittel für den ÖPNV-Ausbau in den Kommunen und gar den Bau eines Rheintunnels dürften in Zukunft sinken. Immerhin kann die SPD nun gesichtswahrend mit den Grünen den oberirdischen Ausbau vorantreiben und hoffen, dass an die großen Tunnelpläne aus Geld- und Klimanot später ohnehin nicht mehr zu denken sein wird.

Auf den kurzen Tunnel sollte Köln ebenfalls verzichten. Auch, wenn es gute Aussichten auf Fördermittel gibt, kostet er Köln ein Vielfaches und birgt viel höhere Risiken als der oberirdische Ausbau. Geld und Personal wären auf Jahre für ein einziges Projekt mit fragwürdigem Nutzen reserviert. Stattdessen sollte man rasch oberirdisch ausbauen — und sich so die Möglichkeit offen halten, in absehbarer Zeit auch anderswo in Köln noch neue Schienen zu verlegen. 

Anne Meyer ist Politik-Redakteurin der Stadtrevue. Sie mag den Sound der U-Bahn, die unter ihrem Haus fährt. Selber fährt sie damit aber immer seltener — mit dem Rad geht’s meistens schneller