Hochburg des Schmackofatz
Same, same, but different — so lässt sich der aktuelle Stand der Kölner Gastronomie in Kürze beschreiben. Ein Jahr lang haben wir uns durch die Speisekarten der Stadt getestet und Abende mit der Suche nach aktuellen Gastrotrends verbracht. Jetzt kann die Tagnacht-Redaktion ein Urteil fällen Es lautet: Die Kölner Gastroszene zeigt eine beachtliche Vielfalt. Interessante, internationale Küche steht neben lokaler Traditionspflege von Brauhaus, Kölsch und Flönz. Auch viel Abwechslung gibt es: Hat sich ein Lokal verabschiedet, öffnet meist kurze Zeit später ein neuer Laden — aktuell sehr oft mit neapolitanischer Pizza oder Sushi.
Köln ist weltoffen, auch auf dem Teller oder beim Verzehr »auf die Hand«. Street Food aus aller Welt in Form von Döner, Tacos, Chili, Focaccia oder Currywurst ist beliebt wie eh und je. Manchmal führt der Weg vom Foodtruck zum eigenen Restaurant, manchmal ist eine mobile Küche Zusatzgeschäft. Beim ungebrochenen Trend zum Essen »to go« stellt sich, genau wie beim ebenfalls weiterhin sehr präsenten Lieferangebot, die Frage nach dem Verpackungsmüll: Seit 2023 sind Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Angesichts von gigantischen Müllbergen reicht ein normales Wochenende mit gutem Wetter, um festzustellen, dass die Umsetzung bisher nur mäßig funktioniert — obwohl mit Vytal ein großes Unternehmen der Mehrwegbranche in Köln beheimatet ist.
Auch beim Essen selbst scheint das Thema Nachhaltigkeit nicht so ernst genommen zu werden, wie es die Branche oft behauptet. Dabei zeigt der Blick auf avantgardistisch geprägte Spitzenküchen und verantwortungsbewusste Lebensmittelproduzent:innen, dass sie sensible Seismografen sind — nicht nur für unsere Ernährung, sondern auch für Umwelt- und Gesellschaftsfragen. Mit seinem »Nose to tail«-Konzept, bei dem das ganze Tier kulinarisch verwertet wird, beschreitet Sternekoch Maximilian Lorenz ebenso neue Wege wie seine Kolleg:innen vom NeoBiota mit ihrer sternegekrönten Pflanzenküche.
Vielleicht entscheiden aber auch andere Kriterien über einen gelungenen Besuch im Restaurant, Bistro, Café oder einer der Weinbars, von denen es in der Bierstadt Köln immer mehr gibt. Kein Wunder, machen doch Essen und Trinken in netter Gesellschaft und angenehmer Atmosphäre mehr Freude. Der Trend zu Genuss in lockerer Umgebung setzt sich jedenfalls ungemindert fort.
Auch die mitunter deutlich gestiegenen Preise haben der Nachfrage an gastronomischen Angeboten nicht geschadet. Nicht immer stimmt jedoch das Verhältnis zur Qualität der Produkte und der Leistung, sie zu verfeinern. Und während jeder Supermarkt mittlerweile ein breites Sortiment an vegetarischen und veganen Speisen bietet, ist das vegetarische und vegane Angebot in der Gastronomie deutlich kleiner. Eine Großstadt wie Köln bietet zwar eine überdurchschnittliche Auswahl, vor allem asiatische Lokale punkten mit reichhaltigen veganen Optionen, aber in klassischen Grillrestaurants oder Imbissen sieht das nach wie vor anders aus. Ähnliches gilt für alkoholfreie Getränke — auch sie muss man in der Spitzengastronomie weiterhin suchen.
Eine kulinarische Hochburg bleibt Köln dennoch. Nach Berlin und München hat Köln die meisten Sternelokale. Darauf darf man auch mal stolz sein. Denn gutes Essen und Trinken hält nicht nur Leib und Seele zusammen, sondern bringt im besten Sinne Menschen gemeinsam an den Tisch.
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