Bausubstanz alt, Zukunft ungewiss: Städtisches Klinikum in Holweide

Fastenkur

Die städtischen Kliniken sind ein Verlust­geschäft. Jetzt hat das Ratsbündnis ­beschlossen, dass ihre Verluste reduziert werden sollen. Wie soll das gehen?

 

Eigentlich fallen im Sommerloch keine wichtigen politischen Entscheidungen. Umso überraschender war, was das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt Ende Juli per Dringlichkeitsbeschluss im Hauptausschuss der Stadt Köln bewirkte. Die städtischen Kliniken in Holweide, Merheim und das Kinderkrankenhaus an der Amster­damer Straße sollen ihr Defizit senken. Ab 2025 sollen jährlich 10 Mio. Euro weniger Verluste gemacht werden als im Jahr 2024. Im laufenden Jahr rechnen die ­Kliniken mit einem Defizit aus dem operativen Geschäft von etwa 85 Millionen, inklusive Schulden und Zinsen sollen es etwa 114 Millionen sein, die aus dem städtischen Haushalt ausgeglichen werden. »Die bereits laufenden Sanierungsmaßnahmen werden weiter intensiviert«, sagt eine Sprecherin der Kliniken über die Pläne zur Umsetzung. Das bedeutet: Der Umzug des Klinikums Holweide und des Kinderkrankenhauses in Riehl zu einem gemeinsamen Klinikcampus in Merheim soll beschleunigt werden. ­Momentan ist die Fertigstellung für 2031 geplant.

»Challenge accepted«, sagt Ralf Unna (Grüne), Aufsichtsratsvorsitzender der Kliniken. Die Reduzierung des Defizits sei ein »zumutbares Anliegen«, wenn nicht sicher sei, ob andere gesundheitspolitische Maßnahmen wie der Anonyme Krankenschein ab 2025 noch finanziert werden könnten. »Wir haben den Beschluss mit gemischten Gefühlen aufgenommen«, sagt Stefanie Neumann, die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der Kliniken. Einerseits sei klar, dass die städtischen Zuschüsse für die Kliniken an anderer Stelle im Haushalt fehlen würden. Aber das öffent­liche Gesundheitssystem und damit auch die städtischen Kliniken sei für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung nicht ausreichend gegenfinanziert: »Wir sind verpflichtet, die Kosten gering zu halten, aber dann wird eine gute Versorgung schwierig.«

Viola Recktenwald, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, vermisst bei der Ratsentscheidung die Trans­parenz: »Die Rahmenbedingungen sind bekannt. Warum muss der Antrag jetzt in der Sommerpause per Dringlichkeit beschlossen werden?«. Sie hätte sich gewünscht, dass das Thema in der nächsten Sitzung des Gesund­heits­ausschusses im September diskutiert wird. Die SPD setzt sich dafür ein, dass in Holweide weiterhin ein Gesund­heits­standort erhalten bleibt und konnte dies auch in den Ratsbeschluss zum Umzug des Klinikums einbringen. Dieser Plan ist jedoch abhängig von den Kriterien der geplanten Krankenhausreform von Bundesgesundheits­minister Karl Lauterbach, die bislang nicht endgültig verabschiedet sind: »Wenn es dazu neue Erkenntnisse gibt, würde ich das gerne wissen«, so Recktenwald. Sie befürch­tet, dass ein noch schnellerer Umzug das endgültige Aus für Holweide bedeuten könnte.

In der Belegschaft herrscht Skepsis, inwieweit sich der Umzug beschleunigen lässt. Stefanie Neumann beschreibt ihn als »komplexe Aufgabe«, auch weil die einzelnen Abteilungen voneinander abhängig seien. »Wenn wir chirurgische OPs demnächst nur noch in Merheim durchführen, brauchen wir dort zusätzliche OP-Säle und Intensivbetten.«

Das Ratsbündnis wünscht sich einen »Abbau von Doppelstrukturen«. Welche damit konkret gemeint sein könnten, dazu gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Personalverwaltung und Materialeinkauf sind schon heute zentralisiert. Manche erwähnen daher das tech­ni­sche Personal und Küchenmitarbeiter:innen, andere bringen die chirurgischen Abteilungen mit ihren gut bezahlten Chef- und Oberärzt:innen ins Spiel. Zudem soll Personal abgebaut werden, aber vor allem über »natürliche Fluktuation«, wie Ralf Unna sagt. Stellen sollen also nicht wiederbesetzt werden. »Wir werden diesen Prozess eng begleiten«, sagt Betriebsrätin Stefanie Neumann.

Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass es keine Einschnitte beim Pflegepersonal geben soll. »Das wäre das Dümmste, was man machen kann«, sagt etwa Viola Recktenwald von der SPD. In der Pflege herrscht Personal­mangel, weshalb das Klinikum nicht alle vorhandenen Betten belegen kann. Dadurch entgehen den Kliniken Einnahmen. »Wir sind grundsätzlich ein attraktiver Arbeits­platz«, sagt Stefanie Neumann vom Betriebsrat. Aber die hohen Lebenshaltungskosten und der schwie­rige Wohnungsmarkt machten es schwierig, Pflegepersonal nach Köln zu locken.  

2025 tritt zudem die Krankenhausreform des Landes NRW in Kraft, laut der alle Krankenhäuser ihr Angebot an medizinischen Leistungen beschränken sollen. Im ­Moment laufen die Abstimmungen zwischen dem NRW-Gesund­heitsministerium und den Häusern, weshalb sich die Kliniken nicht offiziell dazu äußern wollen. Aufsichts­ratsvorsitzender Ralf Unna sagt jedoch: »Wir sind weiterhin breit aufgestellt.« Er geht davon aus, dass durch die Reform große Krankenhäuser wie die städtischen Kliniken oder die Uniklinik besser dastehen werden.

Einen Hinweis auf deren gemeinsame Zukunft gibt ein weiteres Detail im Dringlichkeitsbeschluss des Ratsbündnisses. »Wir bedauern, dass die intensiven Bemühungen nicht zu einem konstruktiven Verhandlungs­prozess geführt haben«, heißt es dort. Mit diesem Satz ­erklärt das Ratsbündnis die Gespräche zu einer möglichen Fusion von städtischen Kliniken mit der landes­eigenen Uniklinik für gescheitert. Im Jahr 2019 hatte das damalige schwarz-grüne Ratsbündnis die Stadtverwaltung beauftragt, entsprechende Verhandlungen zu be­ginnen. Jetzt hatte das aktuelle Ratsbündnis dem Land zu Ende Juni eine Frist gesetzt, eine Entscheidung in der Sache zu ­fällen. Das Land reagierte darauf nicht. »Mein Eindruck ist, dass in Düsseldorf keine Entscheidungsträger für ­dieses Projekt gebrannt haben«, sagt Ralf Unna. Auch ­Viola Recktenwald von der SPD gibt der Fusion keine Chance mehr: »Vielleicht ist das auch das Sinnvollste«, sagt die Gesundheitspolitikerin und Ärztin. »Die Zentralisierung der städti­schen Kliniken in Merheim wird kompliziert ­genug. Da brauchen wir nicht noch eine weitere Ablenkung.«