Bringt Afrofuturismus nach Brühl: Nando Nkrumah

Eine Schwarze Zukunft

Im Max Ernst Museum Brühl übt man neue Perspektiven

Mit der neuen Reihe »New Perspectives« lädt das Max Ernst ­Museum Künstler*innen ein, sich im Kontext von Surrealismus und der hauseigenen Sammlung zu positionieren. Nando Nkrumah (*1979 in Kumasi, Ghana), der zuerst Industriedesign und dann an der Kölner KHM studierte, ist bekannt für seine Augmented-Reality-Interventionen, die auf koloniale Strukturen beziehungsweise die fehlende Präsenz Schwarzer Kunst reagieren. In seiner Ausstellung »Heute schon Morgen« entwirft er diesmal eine afrofuturistische Welt. Der Afrofuturismus ist eine Art kulturelle Widerstandsbewegung, die spekulative Schwarze Gegenerzählungen zum Narrativ einer weißen Zivilisations- und Kulturgeschichte und damit auch einer weißen Zukunft kreiert. Nkrumah vereint in Brühl mit ­diversen künstlerischen Tech­niken Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

An der KHM entdeckte er sein Interesse für die mit der Historie Ghanas verbundenen Legenden. Aus ihrem Heldenpersonal ent­wickelte er in seiner Diplomarbeit »Sankofiction Concept Drawings and Paintings« Superheld*innen der Zukunft. Die ausgestellte Bleistiftzeichnung »Komfo Anokye I« verwandelte den legendären Ashan­ti-Priester aus dem 17. Jahrhundert in ein androgynes, wehrhaft wirkendes Wesen. Eine großformatige Leinwandarbeit hin­gegen zeigt die römische Gerechtigkeitgöttin Justitia mit verbundenen Augen. Sie ist im Gedenken an den 2012 in den USA erschossenen afroamerikanischen Teenager Trayvon Martin entstanden. Die kleine Tonplastik »Rest« versteht er als Gegenentwurf zu dem Bild »Olympia« des französischen Malers Édouard Manet, auf dem eine schwarze Bedienstete hinter einer auf dem Bett ruhenden unbekleideten weißen Frau steht. Allerdings fragt man sich, ob Nkru­mah wirklich eine Schwarze Frau an Stelle der weißen Prostituierten ruhen sehen will, als die ­Manets Zeitgenossen den Akt hoch empört identifizierten. Auf der gleichnamigen wandfüllenden 3D-Grafik liegt die goldfarbene Figur in einer futuristischen Landschaft. Im selben Raum sind Porträts von Schwarzen Personen und People of Colour versammelt, die von Audiobeiträgen begleitet werden, auf denen sie ihre Wünsche für die Zukunft beschreiben. Nando Nkrumah will Empowerment vermitteln, darauf aufmerksam machen, dass eine bessere Zukunft bereits in der Vorstellungs­kraft beginnt. Die vielfältigen Anregungen, die man durch die afrofuturistische Perspektive, zu der auch Sachliteratur ausliegt, erhält, macht den Besuch der Ausstellung empfehlenswert.  Dagmar Behr

»Heute schon Morgen«
Max Ernst Museum Brühl des LVR
Di-So 11–18 Uhr, bis 3.11.