»Grüße vom Mars«: Wo bleibt das Popcorn? © Sarah Winkenstette

Sich finden und Welten entdecken

Beim Cinepänz-Festival sitzen Kinder im Kino und in der Jury

Die Kinoleinwand kann ein Fenster in ferne oder fantastische Welten sein, in denen wir uns mal verlieren und mal finden. Erwachsene werden im Kinosaal nicht selten zu großen Kindern, und die Kinder gehen gern früh groß aus. Kino ist ein Erlebnis, das mehr bedeutet als nur Filme zu gucken.  Dieser Gedanke steckt nicht bloß in jedem Popcorn-Eimer, sondern auch im Programm von »Junges Filmfestival Köln/ Cinepänz«, wo man gegenwärtige Phänomene wie die TV-Serien-Kultur nicht ausklammert.

»Grüße vom Mars« im Filmforum NRW eröffnet das Festival — eine Erzählung von Familie, Verlust und Verständigung aus der Sicht des zehnjährigen Tom. Der liebt den Weltraum und fürchtet die Farbe Rot, tut sich schwer mit Veränderungen und muss nun doch mit seinen älteren Geschwistern für einige Wochen bei Oma und Opa leben. Wie das trotz widriger Umstände gelingt, zeichnet der Film nach, denn immer wieder kommen animierte Hilfsmittel zum Einsatz, um Toms untypische Perspektive nachvollziehbar zu machen. Im Anschluss an die Vorstellung stehen Regisseurin Sarah Winkenstette, Kameramann Jakob Beueler und die Darsteller Theo Kretschmer und Anton Noltensmeier für ein Gespräch zur Verfügung. Ebenfalls im Filmforum NRW läuft die niederländisch-belgische Liebesgeschichte »Young Hearts«, in der der 14-jährige Elias seine Welt neu ordnen muss. Gegenüber ist Alexander mit seiner Familie eingezogen, und der neue Nachbar spricht offen darüber, dass er schon mal einen Freund hatte. Elias fühlt sich zu ihm hingezogen, in der kleinen Stadt jedoch, noch dazu mit einem Schlagersänger zum Vater, ist es für ihn nicht ganz einfach, sich selbst zu finden. Regisseur Anthony Schattemann bebildert die ­Coming-out-Geschichte einfühlsam, seine jugendlichen Darsteller_innen offenbaren Leichtigkeit und verhelfen ihren Figuren zu ­einer emotionalen Bandbreite.

Einen Ausflug in die Phantasie bietet »Sirocco und das Königreich der Winde« am Sonntagnachmittag in der Filmpalette. Dem französisch-belgischen Animationsfilm sind die Einflüsse des Studio Ghibli anzusehen. Im Lauf der Handlung geraten die Schwestern Juliette und Carmen durch wundersame Umstände in die Welt ihres Lieblingsbuchs, mit der Kraft des Mutes und der Liebe müssen sie ihren Weg zurück in die Realität finden. Die Vorstellung im französischen Originalton wird von deutscher Live-Synchronisation begleitet.

Kino ist ein Erlebnis, das mehr bedeutet als nur Filme zu gucken

Mut und Liebe beflügeln auch die Heldin Laureana in »La Suprema«, der am Montagmorgen im Filmhaus gezeigt wird. Laureana lebt in dem kolumbianischen Dorf La Suprema, das nicht auf der Landkarte verzeichnet ist, obwohl es den aktuellen Box-Meister des Landes hervorgebracht hat. Dabei handelt es ich um Laureanas Onkel, der sich aber nicht zu seiner Herkunft bekennt. Mit dem Ehrgeiz, ebenfalls Boxerin zu werden, treibt die selbstbewusste Teenagerin die gesamte Dorfgemeinschaft zu Höchstleistungen an.

Alle 43 Cinepänz-Filme laufen in den Wettbewerben um einen der Jurypreise, die in den Kategorien für »Kids« und für »Teens« vergeben werden. Außerdem winkt ein Publikumspreis. Im Anschluss an die Vorstellung haben alle Zuschauer_innen die Möglichkeit, für ihren Favoriten zu stimmen. Der Publikumsliebling des vergangenen Jahres, »Dancing Queen«, wird am Samstag noch einmal gezeigt; im Anschluss findet ein Tanz-Workshop statt.

Überhaupt versprechen das Rahmenprogramm und die Auswahl der drei Kinos — mit dem Filmforum NRW als Hauptkino sowie dem Filmhaus und der Filmpalette — gleich am Eröffnungswochenende Festival-Atmosphäre aufkommen zu lassen. Das weitere Programm umfasst Kurzfilme sowie in diesem Jahr zum ersten Mal komplette Serien. Dazu können Interessierte an Mini-Workshops teilnehmen oder das TrickStudio Lutterbeck besuchen. Auch die Teilnahme an der Jury oder an der Spinxx-Festivalredaktion ist sicher spannend. Der Blick ins Festivalprogramm lohnt sich also auch im Hinblick aufs kommende Jahr.

stadtrevue präsentiert
Junges Filmfestival Köln/ Cinepänz, Sa., 5.10–Do., 10.10. Weitere Infos auf  cinepaenz.de