Was jung hält
Fred Frith wird 75? Das mag man kaum glauben, da muss ein Missverständnis vorliegen. Wenn es einen Musiker gibt, der fast schon alterslos wirkt, dann ist es der Gitarrist, Improvisationslehrer, Bandleader, Kosmopolit aus (irgendwann mal) Heathfield, East Sussex. Das hat viele Gründe, zum Beispiel seine verschmitzte, entspannte Art auf der Bühne, gegenüber den Mitmusikern immer freundlich, egal wie hitzig oder dynamisch es musikalisch gerade zugeht (und seine Musik ist eigentlich immer hitzig und dynamisch). Diese Art hat sich offenbar nie gewandelt.
Stark im Wandel dagegen ist seine Musik — ob Neue Musik in der Tradition der New Yorker Schule, Artrock, Noise Punk, Free Jazz oder Weltmusik, es gibt keinen roten Faden, dafür ständige Innovationslust, ungebrochene Neugier, andere Musikerinnen und Musiker zu entdecken. Auch das hält jung.
Wenn man aber unbedingt von einem roten Faden sprechen möchte, dann wäre es sein Gitarrenspiel, für das er zahlreiche neue Techniken entwickelt hat. Es klirrt, rauscht, scheppert und donnert (in einem höheren Sinne aber immer harmonisch), wie man es zuvor nicht kannte. Unkonventionell-sein … hält jung.
Dennoch ist im Oktober ein Festival ausgerufen: »Fred Frith 75«. Irgendwie ist die Zeit also doch vergangen. Dass wir bei den Konzerten daran nicht denken werden, liegt nicht zuletzt an den Musikerinnen und Musikern, die Frith eingeladen hat und mit denen er in den unterschiedlichsten Konstellationen spielen wird: Es sind ein paar alte Weggefährten dabei, etwa der unberechenbare Multiinstrumentalist Tim Hodgkinson, aber auch viele junge Kollegen, wie die Trompeterin Susana Santos Silva oder die Cellistin Paula Sanchez. So wird das Festival keine Retrospektive, sondern eröffnet die Aussicht, auf das, worauf Fred Frith sich die nächsten Jahre konzentrieren wird.
Oder auch nicht. Die Kunst der Improvisation ist es, sich nicht festlegen zu lassen, und trotzdem keine unverbindliche, unentschlossene Musik zu spielen. Fred Frith wusste immer, was er zu sagen hat — und wie er das in den unterschiedlichsten Besetzungen entfaltet hat, ist bis heute beeindruckend geblieben.
14.–16.10., »Fred Frith 75 — Festival«, Stadtgarten, jeweils ab 20 Uhr
Die Filmvorführung »Step across the border« (experimenteller Dokumentarfilm von 1990, der von Friths musikalischer Weltreise erzählt) und das Künstlergespräch am 14. sind kostenlos; am 15. und 16. finden die Konzerte statt.