Googoosh — Made of Fire
Die Ereignisse rund um die Protestbewegung »Frau, Leben, Freiheit« haben zu neuem Interesse am Iran geführt. Es wird seither nicht nur erfreulich viel iranisches Arthousekino gezeigt, sondern auch exiliranische
und ausländische Filme, die im Iran tabuisierte Sachverhalte ansprechen.
Eine zentrale Figur des Exils ist Googoosh. Die 1950 als Faegheh Atashin geborene Sängerin stieg zur Diva auf, deren Popularität mit der von Fairouz aus dem Libanon oder einer Edith Piaf vergleichbar ist. Ihre dramatische Lebensgeschichte mischt sich mit wichtigen Daten der Zeitgeschichte des Iran: auf den internationalen Durchbruch in den 70er Jahren folgte fast unmittelbar eine steile Schauspielkarriere, 1978 jäh unterbrochen von der Islamischen Revolution. Den neuen Machthabern musste sie nicht nur wegen ihrer »unsittlichen« Rollen Rede und Antwort stehen, sondern auch Rechenschaft darüber ablegen, warum sie dem despotischen Schah ein Geburtstagsständchen gesungen hatte.
Zwei Jahrzehnte litt sie unter dem Gesangsverbot für Frauen, dann folgte ihr gefeiertes Comeback auf einer Welttournee, von der sie nicht mehr in den Iran zurückkehrte. Heute lebt die 74-Jährige in Los Angeles, erweitert ihre weltweite Anhängerschaft mit einer immens erfolgreichen Talentshow, und ist flammende Anhängerin und Fürsprecherin der LGTBQ+-Community sowie der iranischen Frauenbewegung.
Die erste Hälfte von Niloufar Taghizadehs Doku über diese schillernde Persönlichkeit zeigt überwältigende Archivaufnahmen eines Teherans, das mit Nachtclubs und Varietés Lichtjahre von der verordneten postrevolutionären Freudlosigkeit entfernt war. Man darf fragen, ob die Idee, einen Megastar die eigene Lebensgeschichte erzählen zu lassen, nicht zu viele blinde Flecken hinterlässt und die kulturelle sowie historische Einordnung ihrer musikalischen Lebensleistung erschwert, aber es könnte sein, dass der Verzicht auf weitere Perspektiven eine Bedingung für den Dreh war. Googoosh-Fans werden diese One-Woman-Show feiern, allen anderen bringt der Film einen fast vergessenen Iran nahe. Außerdem lässt er die Flamme der »Frau, Leben, Freiheit«-Bewegung weiterbrennen.
D 2024, R: Niloufar Taghizadeh, 98 Min., Start: 10.10.