Klare Botschaft an die Welt

Nach der verlorenen Kindheit

Die Doku »What We Fight For« porträtiert drei ­geflüchtete Aktivistinnen

An europäischen Außengrenzen werden Menschen schikaniert und auch mit Gewalt von der Einreise abgehalten. Dabei flüchten sie vor Zuständen in ihren Herkunftsländern, an denen Europa nicht unschuldig ist. Die beiden italienischen Filmemacherinnen Sara Del Dot und Carlotta Marrucci haben sich in Refugee-Camps begeben, um die dortigen Zustände zu dokumentieren. Ihr Filmprojekt nahm eine Wendung, als sie ein afghanisches Mädchen und zwei iranische Schwestern kennenlernten. »2021 reiste ich mit der NGO Walk of Shame in ein bosnisches Lager und traf Nahid Akbari, eine 15-Jährige, die als Dolmetscherin für die Flüchtenden fungierte«, erzählt Sara Del Dot im Gespräch. Als sie mit Co-Regisseurin Carlotta Marrucci in Griechenland den aus Teheran geflüchteten Eli und Sude Fazlollah begegnete, nahm »What We Fight For« endgültig Gestalt an. Eine Doku über Aktivistinnen, die Mädchen und Frauen ihre Stimme geben — auf Demonstrationen und Facebook, mit Kunstaktionen und Initiativen. So war Eli Fazlollah ein Kopf der Demos nach dem Tod von Zhina Mahsa Amini, die im September 2022 von der iranischen »Sittenpolizei« verhaftet und zu Tode misshandelt worden war. Dass dies kein einmaliger Exzess war, sondern integraler Bestandteil des Wesens des heutigen Iran ist, davon legen die Schwestern hier Zeugnis ab und berichten von einem Klima, in dem einer vergewaltigten Frau — sowohl Eli als auch Sude waren Opfer von Vergewaltigungen — stets mindestens die Mitschuld an dem Verbrechen zugesprochen wird.

Das afghanische Mädchen Nahid lebt inzwischen mit seiner Familie im sächsischen Riesa. Nahid geht dort zur Schule und sagt über sich: »Meine Kindheit habe ich während der Flucht verloren, dafür habe ich meine Freiheit gewonnen. Als Mädchen zu denken, dass du nichts bist, ist das Beängstigendste, was dir passieren kann.« Nahids Hoffnungen unterscheiden sich kaum von den Träumen der Iranerinnen Eli und Sude: »Wir träumen von einem normalen Leben«, sagen diese am Ende von »What We Fight For«, und Nahid ergänzt die vermeintliche Selbstverständlichkeit: »Ein Leben, das glücklich macht.« Davon zu träumen und dafür zu kämpfen — das liegt in ihren Fällen dicht beieinander.

I 2024, R: Sara Del Dot, Carlotta ­Marrucci, 75 Min., Sa, 9.11., 21 Uhr, Film­palette, balkanbruecke.org