Selbstauslöschung, nur auf der Bühne: 20 Jahre Analog Theater, Foto: Studio Pramudiya

Autodafé statt Kampf

Das Analog Theater feiert mit einer provokanten These Premiere: Der Klimakampf ist aufgegeben

Ein Auto leuchtet in der Halle, eine nackte Person liegt auf dem Dach. Psychedelisch-bunte Landschaften sind die Wände, elektronische Klangteppiche und computerverfremdete Wortfetzen erklingen: »Die Erde ist ein Trümmerhaufen. Ich bin nicht die Zukunft. Ich muss nichts außer sterben.«

Nicht gerade ein heimeliger Ort, den das Analog Theater in »Save the planet — kill your darlings. Kirche der Selbstauslöschung« im Technologiepark Müngersdorf geschaffen hat. Bald wird sich die Welt für alle Menschen fundamental ändern, spricht die Performerin Lara Pietjou melancholisch ins Mikro. Die Hitze, die unerträglich sein wird. Überdimensionierte Sonnenuntergänge, die in Betonmeeren ­versinken. Natur, die mit unerbittlicher Schönheit den Wahnsinn der Menschheit vollendet. Fast hat es der Mensch geschafft, alles kaputtzumachen — und diese Fakten immer noch zu ignorieren.

Regisseur Daniel Schüssler will erkennbar keine neuen hinzufügen, sondern die Zuschauer in einem immersiven Rausch- und Klangerlebnis zum Mitfühlen bewegen. Absurde Anekdoten vom selbstvergessenen Schwachsinn des Menschen erklingen: 67 Rennautos, die permanent um eine Rennstrecke donnern. Ein Mann, der sich für Milliarden ­Dollar ins All schießen lässt. Sie zucken, sie schluchzen und schreien — was auf der Welt ­passiert, kann depressiv und ­ohnmächtig machen.

Dorothea Förtsch performt ihre Krokodilstränen für uns. Ganz schön peinlich, auf der Welt zu sein, in all der Mickrigkeit, die wir so ernst nehmen, »I hate people« steht auf einem Schild. Todesarten spricht Hanna Held ins Mikro, Ingmar Skrinjar lässt sich gleich das eigene Blut abzapfen. Die »Kirche der Angst« ist eine Art vorauseilende Selbstgeißelung vor dem eigentlichen Untergang. Am Ende wird die ­Performerin Rina Schmeing mit Erde bedeckt: Ist die Feier der Selbstauslöschung, die Selbst-­Opferung, nicht ein besserer ­Ausweg als vergeblicher Klimaschutz-Kampf? Liegt darin nicht auch Trost?

Dass dies nur eine provokante These ist, versteht sich von selbst in diesem philosophischen Gedankenexperiment des Analog Theaters, das mit dieser etwas kryptischen Selbsterfahrung sein zwanzigjähriges Jubiläum feiert. Am Ende stehen wir alle zusammen und berühren uns, in quasi-religiöser Erfahrung angedockt an einer strahlenden Erdkugel: Vielleicht kann uns nur noch die Gemeinschaft retten.

Wiederaufnahme im Januar 2025