Lizenz noch nicht eingetütet: Marius Tiedemann, Alenka Genisi und Lars Jonka vom CannaClubCologne e.V.

Goodiebags statt Gras

Die meisten Kölner Cannabisclubs warten noch immer auf eine Anbaulizenz

Eine grüne Tür nahe dem Brüsseler Platz: Hier befindet sich der erste eingetragene Cannabis Social Club Kölns, der »Canna Club Cologne«. Er existiert seit Mai 2023, aber die aktuell 80 Mitglieder wissen bis heute nicht, wann die Ernte verteilt werden kann. »Ich freue mich auf den Moment, wenn ich dem ersten Mitglied legal angebautes Cannabis in die Hand drücken kann«, meint Alenka Genisi, Vorsitzende des Clubs.

Seit dem 1. April 2024 gilt das Cannabisgesetz der Bundesregierung, das den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum und den Anbau von maximal drei Cannabispflanzen für Privatpersonen erlaubt. Kiffen in der Öffentlichkeit ist legal — ­allerdings nicht in unmittelbarer Nähe von Schulen, Kindergärten, Jugendzentren und Spielplätzen. Um dem illegalen Geschäft mit der jetzt legalen Droge vorzubeugen, sollen Cannabisclubs Gras ­anbauen und an ihre Mitglieder verteilen dürfen. Neun Clubs haben dafür in Köln Anträge gestellt, Mitte November hat die Bezirksregierung die erste Anbauerlaubnis genehmigt.

 

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Der Canna Club habe fünfmal innerhalb von sieben Monaten seine Satzung überarbeiten müssen, sagt Alenka Genisi. Auch der letzte Anbauort sei nicht genehmigt worden: Im Umkreis von 200 ­Metern befand sich eine Reitschule, der Mindestabstand zu pädadogischen Einrichtungen konnte nicht eingehalten werden. Auch die ­bürokratischen Hürden sind hoch: Vorstandsmitglieder der Clubs müssen Führungszeugnisse einreichen, es braucht eine*n ­Präventionsbeauftragte*n und ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept. Details zur Anbaufläche müssen vorgelegt, ­Anbaumengen geschätzt werden und Informationen zu Schutzmaßnahmen vorliegen. »Manchmal hat man den Eindruck, die Behörden legen uns da Steine in den Weg«, so Genisi.

»Seit Juli können Anträge zum Anbau gestellt werden. Dass die noch immer nicht genehmigt sind, damit rechnen die wenigsten, die zu uns kommen«, sagt die Vereinsvorsitzende. Bis zur ersten Ernte bekommen Clubmitglieder Goodiebags von Kooperationspartnern, es gibt Sommerfeste und im Advent trifft man sich auf dem Weihnachtsmarkt. Außerdem nutzt man eine gemeinsame App, um sich zum Rauchen zu verabreden. »Aber bei uns im Club sind auch einige, die gar nicht konsumieren, die einfach Lust auf das Thema haben und die Sache unterstützen möchten«, erklärt Genisi.

Dass in Köln erst eine Lizenz zum Anbau vergeben wurde, macht Andreas Hupke ärgerlich. Der grüne Innenstadt-Bürgermeister ist ein langjähriger Verfechter der Cannabislegalisierung: »Bisher spüre ich in Köln besonders wenig Engagement, das Gesetz des Bundes schnellstmöglich umzusetzen.« Dafür brauche es die Überzeugung einzelner Personen in der Verwaltung, dass es richtig sei, Dealern durch legalen Anbau den Boden zu entziehen, so Hupke. Bei der Umsetzung solcher Gesetze  sei das Tempo einer Schneckenpost nicht akzeptabel: »Dass ein politischer Wille nicht mit Hochdruck von der Verwaltung umgesetzt wird, das kann und darf in einem Rechtsstaat nicht sein«. Die Bezirksregierung Köln hingegen versichert auf Anfrage der Stadtrevue, dass es sich bei den Genehmigungen um Einzelfallentscheidungen handle und daher die Bearbeitungsdauer nicht standortabhängig sei.

Auch das Aus der Ampelregierung und Neuwahlen im Februar vergrößern die Unsicherheit in den Cannabis Social Clubs. Die CDU/CSU hat schon angekündigt, das Gesetz wieder einzukassieren. Alenka Genisi bleibt trotz aller ­Unklarheiten positiv: »Es zieht sich, aber wir machen weiter.«