Keine Bahn, keine Fahrgäste, kein Problem: KVB-Haltestelle am Friesenplatz

Aus dem Takt gekommen

Die KVB dünnt den Fahrplan weiter aus. Auch einige ­geplante Strecken sollen nicht gebaut werden

Freitag, halb acht abends in Mülheim. Ich muss ins Agnesviertel, eigentlich ein Trip von knapp 20 Minuten. Aktuell wird er durch die Sperrung der Mülheimer Brücke etwas länger, aber okay, das lässt sich einplanen. Am Wiener Platz wird meine Zeitplanung durchkreuzt: Die nächste Bahn der Linie 4 fährt in 35 Minuten, die als Ersatz für die Brückensperrung vorgesehene Linie 14 gar nicht. Die drei KVB-Räder in der Nähe sind auch nicht einsatzbereit, also geht es zu Fuß über die Mülheimer Brücke. An der Haltestelle Slabystraße steht dann eine Bahn bereit — sie fährt aber erst in zehn Minuten los. Ich steige ein und ­etwas über eine Stunde, nachdem ich aus der Haustür gegangen bin, komme ich am Ziel an. Zu Fuß zu gehen, wäre genauso schnell gewesen.

Geschichten wie diese werden sich in den nächsten Monaten wiederholen. Die KVB hat Mitte November erneut ihren Fahrplan ausgedünnt. Die Linie 14 soll abends gar nicht mehr fahren, die Linie 13 nur noch halbstündlich. Hinzu kommen Einschränkungen auf den Linien 1 und 17, die Linie 19 wird gestrichen. Der Grund sei, so das Unternehmen, der unverändert hohe Krankenstand unter den Mitarbeitenden. So wurden bereits die letzten beiden Kürzungen im Fahrplan begründet. Es sei zudem nicht gelungen, aus­reichend neue Fachkräfte zu ­gewinnen, so die KVB.

Wegen der Finanz­probleme der KVB sehen einige bereits die Verkehrswende in Gefahr

Nun kommen zu den Personalproblemen noch technische Schwierigkeiten hinzu. Die Flotte der KVB ist veraltet, teils sind für die Bahnen keine Ersatzteile lieferbar, so dass nun die nicht mehr einsatzfähigen Wagen als Ersatzteillager dienen müssen. Und die Lieferung von 92 neuen Zügen verzögert sich. Ursprünglich ­hätten sie ab diesem Jahr in Betrieb gehen sollen, der Hersteller ­Alstom schafft es aber nicht, pünktlich zu liefern. Wann genau die neuen Züge in Köln fahren werden, weiß niemand.

Hinzu kommt die Haushaltskrise der Stadtverwaltung. Weil die Stadt Köln ihren Eigenanteil nicht aufbringen kann, stehen die Verlängerung der Linie 13 bis an den Rhein sowie der Linien 1 oder 4 nach Niederaußem vor dem Aus, ebenso der Anschluss von Neubrück an das Straßenbahnnetz. Lediglich die beiden Prestigeprojekte Ost-West-Achse und die verkürzte Nord-Süd-Stadtbahn sollen weitergeführt werden, weil deren Planung bereits weit fortgeschritten ist. Kritiker:innen sehen bereits die Verkehrswende in Köln in Gefahr. Um den Investitionsstau aufzulösen, müsste der Zuschussbetrieb KVB wesentlich höhere Verluste machen dürfen, als ihm im Moment innerhalb des Stadtwerkekonzerns (SWK) zugestanden wird. Die Stadt Köln überlegt deshalb, ob die stadteigene SWK weiterhin 50 Mio. Euro an den Haushalt ­abführen muss.

Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Die »KVB-Minute« für Bahnen, die laut Anzeige in einer Minute ankommen sollen, sich dafür aber etwas länger Zeit nehmen,  ist bald Geschichte. Die KVB bekommt neue Anzeigetafeln, die in Echtzeit Informationen über die Stadtbahn weitergeben könnnen. Pünktlicher und regelmäßiger fährt sie deshalb aber nicht.