Schon leerer geworden: Großmarkt in Raderthal

Umzug ins Nichts

Köln schafft seinen Großmarkt ab — und bremst die Ernährungswende

Seit im Kölner Süden das neue Stadt­viertel Parkstadt Süd beschlos­sen und vorbereitet wurde, steht fest: Der Großmarkt in Raderthal muss seinen angestammten Platz verlassen. Er stünde im Weg, wenn ab dem Jahr 2032 der Bau von rund 3300 Wohnungen sowie Büros und Gewerbeflächen für 4300 Arbeitsplätze, dazu Kitas und Schulen sowie nicht zuletzt die Verlängerung des Inneren Grüngürtels an den Rhein erfolgen soll. Etwa 35 Hek­tar, eine Fläche fast so groß wie ­50 Fußballplätze, belegt das Gelände des Großmarkts derzeit ­insgesamt. Dessen Zentrum ist die denkmalgeschützte, aber längst marode Halle. Die Pläne für die Parkstadt Süd sehen vor, sie zu ­erhalten und künftig kul­turell zu nutzen.

Bereits seit zwei Jahrzehnten wird eine Verlagerung des Großmarktes immer wieder politisch diskutiert. 2007 hatte die Stadtverwaltung mehrere Standorte prüfen lassen und der Rat der Stadt sich daraufhin für Marsdorf ausgesprochen. Im dortigen ­Gewerbegebiet gäbe es dafür ­östlich der Autobahn A1 eine ­Fläche an der Toyota-Allee, hieß es seitdem.

Nun aber steht seit der Ratssitzung im Oktober endgültig fest: Der Großmarkt wird nicht umziehen, sondern Ende 2025 nach 85 Jahren schließen. So hat es das Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt beschlossen.
Damit geht eine Tradition der Kölner Großmärkte zu Ende, die Jahrhunderte zurückreicht — und es ist eine Entscheidung, die dem entgegensteht, wie andere Metropolregionen und Städte die Versorgung mit frischen Waren regeln. »Die Versorgung mit gesunden und regionalen Produkten darf nicht einer Handvoll Lebensmittelkonzernen überlassen werden«, warnte Linken-Politiker Jörg Detjen bereits Mitte des Jahres. Auch für die Gastronomie und vor allem die Kölner Wochenmärkte werde die Schließung Folgen haben. Es gebe nun »keine zentrale Anlaufstelle mehr, um frische Produkte aus der Region, aber auch aus der ganzen Welt, zentral an einem Ort zu kaufen«, so Christian Joisten, Fraktionschef der SPD.

Profitieren werden von der Schließung des Großmarkts vor allem die Supermarkt-Ketten

Nun ist aber der Kölner Großmarkt in der derzeitigen Ausrichtung keineswegs vorbildlich, was nachhaltige Waren und Logistik angeht. Auch ist das Kölner Angebot viel schmaler als etwa in München oder Berlin, die in etwa doppelt so groß sind wie Köln. Selbst die Großmärkte in Hannover und Bremen haben mehr Fläche. Aber ein Umzug hätte die Möglichkeit geboten, den Großmarkt in diesem Sinne neu zu konzipieren. Eben das sollte mit einem Umzug nach Marsdorf geschehen, wenn auch auf einer immer noch kleinen Fläche.

Doch diese Zukunft für den Kölner Großmarkt hat im Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt anscheinend keine allzu hohe Priorität, obwohl man doch laut Bündnisvertrag »die vom Ernährungsrat Köln initiierte Ernährungsstrategie für Köln und Umgebung konsequent umsetzen« will. In eben dieser Ernährungsstrategie steht: »Der Großmarkt ist erhaltenswert und ausbaufähig, da hier eine Vermarktung regionaler Frischwaren möglich ist.« In dem mehr als 50-seitigen Papier von 2019 geht der Ernährungsrat noch davon aus, dass bis 2022 ein neuer Standort gefunden werde — ursprünglich strebte die Politik sogar das Jahr 2020 an. Daraus ist nichts geworden.

Schon eine sogenannte Markterkundung der Stadtverwaltung für den Bau und Betrieb kam Anfang 2023 zum Ergebnis, dass sich keine Investoren für das damals favorisierte Modell finden. Allerdings soll nun die Stadtverwaltung ein neues Konzept für ein »Frischezentrum bzw. Food Hub« erarbeiten, um so doch noch den Absatz nachhaltiger und regionaler Waren sowie Erzeugerzusammenschlüsse zu fördern, zudem soll Ernährungsbildung mit dem Projekt verbunden werden — all das beschloss der Rat im Oktober in derselben Sitzung, in dem zugleich das Aus des Großmarkts besiegelt wurde. Ob dieses Konzept je umgesetzt wird, ist völlig offen. Weitere Workshops und Werkstätten wird es geben — doch sollte ein Konzept schon vor einem Jahr vorliegen. Offenbar setzt auch die Verwaltung andere Prioritäten.

So klafft nun eine Lücke, wenn der Großmarkt Ende 2025 endgültig schließt. Für einen Food Hub gibt es bislang weder einen Ort noch ein Finanzierungsmodell — und selbst wenn, wäre nicht klar, wann der Food Hub fertig sein könnte. Vor 2030 rechnet niemand damit. Profitieren werden davon vor allem die Supermarkt-Ketten, so die Prognose der Kritiker.