Die große Ruhe
Man muss sich nicht ertappt fühlen, wenn man vom Cosmic Tones Research Trio noch nichts gehört hat. Die Band aus Portland, Oregon, hat gerade erst ihr Debüt veröffentlicht, das hierzulande bislang nur digital via Bandcamp erhältlich ist: »All Is Sound«. Ersten Kritiken entnehmen wir, dass Roman Norfleet (Altsaxofon), Harlan Silverman (Cello) und Kennedy Verrett (Piano — die Musiker sind noch mit zahlreichen anderen Instrumenten zu hören) in der Portlander Szene zuverlässige Größen sind. Portland ist weit weg und nicht als Jazzmetropole bekannt.
Der Name des Trios verknüpft sich mit einem Trend im aktuellen Jazz, dem man durchaus kritisch begegnen kann: »Kosmischer Jazz« in der Tradition von Pharoah Sanders und Alice Coltrane, für ein Millionenpublikum ausgeschmückt von Kamsai Washington. Hymnische Musik, episch, ausladend, ausschweifend, jubilierend, schön und gut, aber es fehlt ihr der Biss, die Experimentierfreude, der Sarkasmus und der kernige, spröde Swing, wie sie sich die »andere Tradition«, sagen wir: die Linie Mingus-Dolphy-Coleman, erkämpft hat.
The Cosmic Tones Research Trio bleibt ganz bei Alice und denkt den transzendentalen Jazz der 1970er konsequent weiter: hin zu einer in sich ruhenden, geradezu statischen, häufig monochromen, dabei strikt tonalen Musik. Jazz ist hier nur eine Erinnerung, und andere, eigentlich naheliegende Bezüge — man denke an den Bar Jazz, den David Lynch zu unheilvollem Trance- und Drone-Sound reduzierte — huschen allenfalls als Schatten durch die Kulisse. Es ist Musik, die man um 6 Uhr morgens hört, aber nicht um 4: Kein Geheimnis wird mehr angedeutet, das sich in den Tiefen der Soundschlieren hinter übernächtigter Melancholie verbirgt. Alle Fragen haben sich aufgelöst. Konsequent verweigern sich die Musiker jeden Modernismus. Entwicklung, »Exploration«, Dynamik … würden hier nur stören.
Es braucht wahrscheinlich einiges an Mut, so eine Musik zu spielen. Sie ist noch nicht mal zeitgeistig, denn der Zeitgeist erwartet Schnickschnack für die kurze Aufmerksamkeitsspanne. Wie aber eine Musik hören, die nicht zitiert, sondern verwischt, die sich immer weiter zurückzieht in sich selbst, deren Stücke man kaum auseinanderhalten kann und soll? Im Grunde spielt The Cosmic Tones Research Trio die Fluxus-Version von New Age, Zen Jazz und Post Ambient. So etwas in der Jazzstadt Köln zu erleben, deren dominierende Szene für einen Jazz steht, der oft gar nicht kompliziert genug sein kann, ist ja fast schon eine Provokation.