Ein freundlicher Blick
2014 kommt die aus Ruanda stammende Leocadie Uyisenga nach längeren Aufenthalten in Frankreich und Spanien in Monheim an. Es folgt das Ringen um eine Aufenthaltsgenehmigung, einen kostenlosen Deutschkurs und ihren Versicherungsstatus. Uyisenga ist schwanger, arbeitet bis zwei Uhr nachts bei McDonalds, besucht am nächsten Morgen die Sprachschule.
»Leo« erzählt in der Doku »Zwischen Sein und Nichtsein« Migrationsgeschichte einmal anders: kein Fokus auf Rassismus von Institutionen und Mitmenschen. Bei fast allen sozialen Belangen trifft Leocadie Uyisenga auf Lösungsmöglichkeiten, kostenlose Beratungen und Hilfsangebote. Das Monheimer »Frauencafé« führt zu einer Tagesmutter, die offene Tür des Bürgermeisters zum Ulla-Hahn-Haus, wo sie erste Erfahrungen mit Literatur und Kunst macht, und zum »Autorencafe« des Kölners Roberto di Bella, der sie bei der Publikation ihrer Lyrik unterstützt. Später kann sie in Kooperation mit der Übersetzerin Britt Weyde ihre spanischen Texte auf Deutsch veröffentlichen. Kölner Kulturprominenz ist im Film nicht zu knapp vertreten — mit Christiane Rath zusammen macht sie ein Kunstprojekt, »Regen«, das Afrika-Filmfestival und das Refugee-Medienprojekt »Borderless TV« wecken den Wunsch, einen ersten Kurzfilm zu drehen, noch auf Spanisch.
Es gibt auch Rückschläge: der Tod der geliebten Mutter, die Trennung vom Kindsvater. Und natürlich der Klassiker — eine Eigenbedarfskündigung. Aber der Bürgermeister von Monheim vermittelt Uyisenga in eine von hundert neuen städtischen Wohnungen. Eine ersehnte Umschulung zur Mediengestalterin genehmigt das Jobcenter, trotz ständig nachgereichter Dokumente, erst nach dreijährigem Kampf und einem juristischen Verfahren. Dann kommt über die Produzentin Bettina Brokemper das Angebot, bei der renommierten Produktionsfirma »Heimatfilm« eine Ausbildung anzufangen.
Leocadie Uyisengas Geschichte erscheint in ihrem Film fast als Märchen. Es mögen Glück und Zufall im Spiel gewesen sein, sicher half auch ihre Ausstrahlung. Doch dahinter steckt der unbeirrbare Willen, ihre »Einwanderungsgeschichte« als Erfolgsgeschichte zu definieren. Dies schildert sie ebenso als ihren ureigenen Verdienst wie auch als Gemeinschaftswerk vieler Wegbegleiter*innen aus Ämtern, Büros und Ateliers. Ein freundlicherer Blick auf Deutschland — so schaut er aus.
»Zwischen Sein und Nichtsein«; R: Leocadie Uyisenga