City of Darkness
Die Kowloon Walled City in Hongkong galt in den 80er Jahren als am der dichtesten besiedelte Ort der Welt — wie gemacht als Location für einen mitreißenden, klaustrophobischen Actionfilm. Mitte der 90er Jahre wurde sie abgerissen, in den Jahren davor diente sie tatsächlich oft als Set für Hongkong-Actionfilme. Für »City of Darkness« ließ Regisseur Soi Cheang die legendäre Siedlung in Teilen wiederaufbauen: winzige Wohneinheiten, enge Gassen, tunnelartige Konstruktionen, in denen Dutzende Kabel aller Art hängen und ein Labyrinth bilden, in dem sich jeder Außenstehende unweigerlich verlaufen muss.
Der chinesische Migrant Chan Lok-kwan schlägt sich so durch in Hongkong, sein Ziel ist es, eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, Geld verdient er mit illegalen Kämpfen. Als er vom Gangsterboss Mr. Big betrogen wird, stiehlt er einen Sack Drogen und landet nach einer rasanten Flucht in der Kowloon Walled City.
Die Gegend ist für ihn verbotenes Gebiet, denn dort herrscht der Triadenboss Cyclone, den eine düstere Vergangenheit mit Mr. Big verbindet. Fortan verdingt sich Chan als Mädchen für alles und erobert einen Platz im dichten Geflecht aus Menschen und Geschäften, das die Walled City zum brodelnden Moloch macht. Doch die Vergangenheit holt die Protagonisten ein, bald stehen sich die Fraktionen in einem Kampf auf Leben und Tod gegenüber.
Soi Cheang inszeniert diese Geschichte als Hommage an die Goldene Ära des Hongkong-Actionkinos, zunächst ohne allzu viel Einsatz von Computertechnik, stattdessen handgemacht, auf die physischen Qualitäten seiner Darsteller vertrauend.
Ebenso altmodisch muten die hauptsächlich männlichen Figuren an, die klassischen Werten wie Ehre und Loyalität folgen, über Männlichkeit sinnieren und für ihren Boss alles tun. Besonders anachronistisch wirkt es, dass in »City of Darkness« praktisch keine Frau mehr als ein paar Worte sagt. Aber auch dieser Testosteron-Überschuss wirkt am Ende wie eine gelungene Reminiszenz an eine längst vergangene Zeit, als Hongkong noch nicht Teil von China war, sondern britische Kronkolonie. Deshalb könnte man »City of Darkness« als Allegorie des Kampfs der politischen Systeme verstehen — zumindest im Ansatz. Vor allem aber ist Soi Chaeng ein mitreißendes, melodramatisches Actionspektakel gelungen, das zwar etwas aus der Zeit gefallen scheint, aber sehr viel Spaß macht.
(Jiu Lóng Chéng Zhài Wéi Chéng) HK/ CHN 2024, R: Soi Cheang, D: Louis Koo, Raymond Lam, Terrance Lau, 126 Min., Start: 28.11.