Sheila Hicks neben ihrer Arbeit, ­Saffron Sentinel, 2017, Eingefärbte Fasern Courtesy die Künstlerin, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Katja Illner

Kein fadenscheiniges Argument

Um die erste institutionelle Ausstellung von Sheila Hicks zu sehen, muss man in zwei Städte reisen

Rote, Orange und gelbe Stoffgewächse schälen sich aus Flächen, erscheinen als Wucherungen auf der weißen Wand. Die vielfarbigen Fadengespinste kommen in unterschiedlichsten Formen daher, fließen wie ein Wasserfall von der Decke, akkumulieren sich zu einem Berg aus Stoffknäueln in der Raumecke oder bilden teils beidseitig bespannte Flachreliefs. Der 90-jährigen, US-amerikanischen Künstlerin Sheila Hicks gelingt es, aus Stoff eine eigene Sprache und ganze Erzählstränge zu weben.

Mit der Kunsthalle Düsseldorf und dem Josef Albers Museum Quadrat Bottrop wird ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland an gleich zwei Stätten präsentiert. Der Ausstellungsort Bottrop drängt sich geradezu auf, da Hicks in den 1950er-Jahren an der Yale School of Art and Architecture bei Josef Albers Farbe und bei Anni Albers Webtechniken studierte. Anhand des chronologischen Aufbaus lässt sich Hicks Entwicklung von einer Malerei mit handelsüblichen ­Farben, hin zu einer mit Wolle, Fasern und Garn nachvollziehen. Folglich bietet sich der Besuch der Retrospektive in Bottrop als Türöffner zum Werk an, sind hier doch ihre frühen Arbeiten aus der Studienzeit, aber auch Entwürfe für große architekturbezogene Auftragsarbeiten zu sehen. In der Bandbreite ihrer Arbeiten zeigen sich die Möglichkeiten eines noch immer weiblich konnotierten ­Metiers, indem Hicks diverse Darstellungsformen von Skulptur bis zum Bildtableau durchdekliniert.
In der Kunsthalle Düsseldorf liegt der Fokus indes auf ihrem Spätwerk mit großformatigen Installationen.

Diese fügen sich zwar imposant in Größe und Farbe in die brutalistische Architektur ein, können allerdings nicht dieselbe Faszination für Hicks feinfühliges Werkschaffen wie in Bottrop entwickeln. Zumindest aber die in der Kunsthalle präsentierten sogenannten »Minimes«  entfalten erzählerische Tiefe. Dabei handelt es sich um Webarbeiten im intimen Format, die auf Reisen der Künstlerin durch Lateinamerika zwecks Studium prähispanischer Webpraktiken entstanden sind. In sie sind autobiografische Details in Form von regionalen Fasern oder Fundobjekten wie Federn oder Muscheln eingewoben. Sie erzählen nicht nur von Hicks ganz persönlichen Reisen, sondern auch von Textil als Mittel der Kommunikation.

»Sheila Hicks« bis 23.2.2025, Josef Albers Museum Quadrat Bottrop, Anni Albers Platz 1, Bottrop, Di–Sa 11–17 Uhr, So 10–17 Uhr, Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz 4, Düsseldorf, Di–So 11–18 Uhr