»Feuerlilie« von Gianna Olinda Cadonau
Der Debütroman von Gianna Olinda Cadonau ist so ruhig geschrieben, dass selbst Übernatürliches vertraut wirkt. Nüchtern und warm erzählt Cadonau von der schreibenden Vera, ihrer Schwester Sophia und dem ehemaligen Soldaten Kálmán. Als Kulisse dient ein vertraut, weil unaufgeregt wirkendes Dorf mit Blick auf die Schweizer Berge. Ohne einer konkreten Handlung zu folgen, wird das tastende Kennenlernen von Kálmán und Vera ausgeleuchtet. Die Beschreibung des Zusammenlebens im Dorf — auf der Beiz, in der mittleren Gasse, am oberen Dorfrand und beim Garten mit der strahlenden Feuerlilie — folgt einem langsamen Rhythmus.
Rhythmenwechsel ergeben sich durch Beschreibungen dessen, was sich in den Häusern abspielt: im grünen Zimmer, im Zimmer des Offiziers, in der Klinik. In diesen Räumen sind Dinge passiert, die, ohne voyeuristisch ausformuliert zu werden, ein Gefühl der Bedrohung vermitteln. Während Vera und Kálmán sich also auf ihr Kennenlernen konzentrieren, sucht Sophia nach besonderen Türen, die ihr Zugänge zu Welten verschaffen, in denen sie gern ihre Zeit verbringt. Denn Sophia rutscht, wie es im Buch heißt, immer wieder »unter die Oberfläche der Wirklichkeit« und sieht, was andere nicht sehen.
Lenos, 171 Seiten, 18 Euro