Über Alternative nachdenken: Regisseur Tim Mrosek, Foto: Daniel Burgmüller

Macht kaputt, was euch kaputt macht

»Kaputt« widmet sich der Sprache im Kapitalismus

Treffen sich fünf Menschen auf einer einsamen Insel, aber ohne Sand. Die Pfarrerstochter erinnert an Gudrun Ensslin, die Post-­Monarchistin an Lady Macbeth. Aber es gibt auch einen Auftragskiller, eine Sängerin und Dora, ­erfundene Zwillingsschwester von Don Draper aus »Mad Men«. Wie bei Beckett — oder beim ­Sommerhaus der Stars. Und weil die Fünf von diesem Popkultur-Friedhof nicht weg können, ­haben sie schrecklich viel Zeit — zum Streiten über viele Themen. Auch über das Ende des Kapitalismus. Jene Wirtschaftsform, die wir alle so verinnerlicht haben, dass ihr Ende schwerer vorzustellen ist als das der gesamten Welt.

Tim Mrosek, Autor, Performer und Dramaturg der Studiobühne Köln, hat das Stück als letzten Teil seiner Trilogie über sprachliche Kommunikation und ihre politischen Auswirkungen geschrieben. Während es in »Dreckstück« (2021) um frauenverachtende ­Verse im einst heißgeliebten Deutschrap ging und in »TOTAL« (2023) um Gewalt und Manipulation in der Sprache des Dritten Reichs, handelt »Kaputt« von der abstumpfenden Wirkung der Werbeslogans und Konsum­versprechen, denen keiner entkommt. Schon gar nicht in Zeiten von Social Media. Denn selbst der revolutionärste Schwarze Block will heute letztendlich doch mit Marken-Outdoor-Jacken gestylt sein.

Die ersten zwei Stücke waren Monologe, »Kaputt« ist nun ein richtiges Well-made-play mit psychologisch eher »übermotivierten« Figuren geworden, erzählt Mrosek, der die Regie des Abends diesmal lieber seiner Kollegin Paulina Triebs übergeben hat.

Da die Studiobühne bekanntlich immer noch keinen Spielort hat, ist sie diesmal im Comedia-Theater zu Gast. Was ist eigentlich kapitalistische Sprache? Für Mrosek gehört auch die Ausdrucksweise heutiger Politiker dazu: »Wenn Friedrich Merz von Pull-Faktoren spricht, ist das für mich gewalttägiger, als wenn Kinder sich Sandschaufeln auf den Kopf hauen«, sagt er. Je mehr er sich mit Sprache im Kapitalismus beschäftige, desto desillusionierter sei er geworden: »Wir werden so sehr zugeballert mit Slogans vom angeblich schönen Leben — da ist kaum noch möglich, an Alternativen zu denken.«

Die Stärke von Mroseks Arbeiten ist auf jeden Fall das präzise In-Frage-Stellen: Wenn schon nicht abschaffen, dann doch wenigstens mal aus anderen Blickwinkeln auf jenes System zu gucken, das so erfolgreich alle Lebensbereiche infiltriert hat wie keines jemals zuvor.