Reitet jede Welle: Nicolas Cage

Unter dem Mainstream liegt der Strand

Nicolas Cage surft ikonisch bei den Fantasy Filmfest White Nights

Die Fantasy Filmfest White Nights liefern regelmäßig einen willkommenen Genrekino-Vitaminschub in der Wintersaison. Leider ist das konzeptbedingt stets überschaubare Programm noch ein bisschen weniger wagemutig als das Line-up des Hauptfests im Spätsommer. Oder besser gesagt: Es zeigt sich nicht so an der Abbildung der Breite des Genrekinos interessiert wie es sollte.

Aber in der Zeit um Weihnachten herum sei eine kleine Wunschliste mit drei Genre-Filmen erlaubt. Diese machen zwar auch als Alternative zum üblichen Weihnachts-TV-Allerlei und den offensichtlichen Streamingangeboten auf der heimischen Couch Spaß. Den Fantasy Filmfest White Nights würden sie allerdings ebenfalls gut zu Gesicht stehen. Mal so gefragt: Wer sollte sie realistisch betrachtet sonst auf die Leinwand bringen?

In Asien macht man noch Kino — nicht bloß Subventions­verwaltung mit Unterhaltungs­attitüde

Nehmen wir zum Beispiel den malaysischen Gangster-Action-Kracher »Sheriff: Narko Integriti« von Syafiq Yusof. Beim Regisseur handelt es sich um das talentierteste Mitglied eines Klans von Genre-Auteurs. Der Film basiert auf einer Geschichte seines Vaters Yusof Haslam und handelt von einem moralisch motivierten Serienmörder, der sich seine Opfer im Milieu des organisierten Verbrechens sucht — und entspinnt sich um dessen Duell mit dem Ermittler, der ihm schnell auf die Schliche kommt. Syafig Yusofs Thriller ist wie der Historienfilm »Mat Kilau« seines Bruders Syamsol Yusof, in dem es um den Kampf gegen die britischen Kolonisatoren Ende des 19. Jahrhunderts geht, auf Netflix erhältlich.

Online verfügbar ist auch Debaloy Bhattacharyas ziemlich abgedrehtes bengalisches Krimi-Fantasy-Metafilm-Spektakel »Shri Swapankumarer Badami Hyenar Kobole«. Die Suche danach im Internet lohnt sich, handelt es sich doch um ein filmisches Monument für eine der beliebtesten Pop-Figuren des indischen Subkontinents: Den Detektiv Dipak Chatterjee sollte man definitiv kennen.

Last but not least: Just auf DVD ­erschienen ist das exquisite Regie-Debüt des Kampfkunstmeister-Darstellers Bren Foster. Im Mittelpunkt von »Life After Fighting« steht ein von Foster selbst gespielter Ex-Mixed-Martial-Art-Fighter, der sich der Liebe wegen aus dem Wettkampf-Leben zurückziehen möchte. Allerdings haben einige was dagegen, dass er sich zur Ruhe setzt — wovon letztlich das Publikum profitiert.

Kommen wir schnell zu den tatsächlichen Highlights der FFF White Nights. Die stammen wenig überraschend fast alle aus Asien — weil man dort noch Kino macht und nicht allein Subventions­verwaltung mit Unterhaltungs­attitüde betreibt. Ganz wichtig: »Dead Talents Society«, der zweite Spielfilm von John Hsu, dessen Horror­videospiel-Adaption »Detention« (2019) seinerzeit zur internationalen (Festival-)Sensation wurde. Die verschrobene Farce über die Verleihung des Golden Ghost Awards an den unheimlichsten Geist des Landes bestätigt nun, dass John Hsu eine Ausnahmebegabung auf dem Regiestuhl ist. Wiederholt hält er der taiwanesischen Gesellschaft ­einen Zerrspiegel vor, wenn auch diesmal in Satireform, die zudem dadurch erfreut, dass man einige der Witze schon mal gesehen hat.

Eine bereits etablierte Ausnahmegestalt der Filmwelt ist der Südkoreaner Ryoo Seung-wan, der auch mit dem Action-geladenen Cop-Thriller »I, The Executioner« nicht enttäuscht. Man sollte sich keinesfalls davon abschrecken lassen, dass Ryoos Film 2024 auf der Bürgerskunst-Schrotthalde von Cannes zur Weltpremiere ­abgeliefert wurde. Was übrigens auch für Lorcan Finne­gans »The Surfer« gilt, der in Cannes in der Mitternachts­sektion lief. Mit der Geschichte versetzt uns Finnegan in die 70er Jahre und an die australische Pazifik­küste, wo der ­namen­lose Held einen wahn­sinnigen Kampf gegen eine Gang ­namens Bay Boys führt, die inzwischen jenen Strand besetzt hält, an dem das Haus seiner Kindheit steht. Diese besondere Selbst­findung stellt ganz nebenbei einen weiteren Schritt des Haupt­darstellers Nicolas Cages in Richtung einer Udo-Kier-Existenz dar: der Schauspieler als Ikone. Diese Rolle hat Cage zu nicht geringem Anteil dem Genre-Kino und Filmen wie »The Surfer« zu verdanken.

Fantasy Filmfest White Nights
Sa 1.2.–So 2.2, Residenz
fantasyfilmfest.com