Otto Piene, Licht und Bewegung, 1966

Mehr Licht, weniger Donuts

Otto Piene, Licht und Bewegung, Hohe Straße 124

Es fällt schwer, beim Bummel über die Hohe Straße nicht in nostalgische Grübeleien zu verfallen. Die einst berühmte Einkaufsmeile ist ziemlich heruntergekommen. Statt Fachgeschäften und mondänen Modehäusern dominieren heute Pommes, Donuts und Weingummi, dazwischen Billigklamotten, Kosmetik und Leerstand. Viele Gebäude sind in desolatem Zustand, die oberen Etagen stehen leer, die Mieten sind stark gesunken.
Einer dieser verwahrlosten Konsumtempel ist das ehemalige Wormland-Haus mit der großen Kunst-am-Bau-Arbeit »Licht und Bewegung« von Otto Piene (1928 — 2014), dem Wegbereiter der Lichtkunst und Gründungsmitglied der Gruppe Zero in Düsseldorf. Obwohl diese Arbeit sich längst nicht mehr bewegt und auch nicht mehr leuchtet, erzählt sie noch viel von den glanzvollen Zeiten der Hohe Straße.

Der Kaufmann Theo Wormland hatte den Maler, Plastiker und kinetischen Künstler 1966 mit der aufwändigen Installation für sein Herrenbekleidungshaus beauftragt. Die mit Edelstahlplatten verkleidete Fassade bildet den spiegelnden Hintergrund für Dutzende unterschiedlich großer, beleuchteter und drehbarer Aluminiumkugeln auf Stangen. Sie gruppieren sich wie Sterne um eine Sonne, die als Rad in der Mitte ebenfalls rotierende Kugeln trägt. Die Kugeln bewegten sich eine knappe Minute lang, dann folgte eine siebenminütige Pause und es ging wieder von vorne los. Ein phänomenales Lichtspektakel, das nachmittags durch die Sonne auf der Westseite und abends durch die Schaufensterbeleuchtung noch verstärkt wurde.

Doch mit dem Verkauf der Immobilie an einen wenig kunstsinnigen Investor ging es mit der mittlerweile baufälligen Skulptur weiter bergab. Da half es auch nicht, dass die Fassade 2015, ein Jahr nach dem Tod von Otto ­Piene, unter Denkmalschutz ­gestellt wurde.

Seit 2017 setzt sich die Galeristin Martina Kaiser vehement für die Wiederbelebung des Kunstwerks ein. Sie ließ die Technik überprüfen, Ergebnis: funktionstüchtig. Sie überzeugte ihre Sammler, die Kosten für die Restaurierung zu übernehmen und die Kunsthochschule für Medien, sich an der Arbeit zu beteiligen, die Skulptur abzunehmen und zu reinigen.

Alles bisher leider ohne Erfolg. Denn der Investor stellt sich quer. Sollte sein Haus samt »Licht und Bewegung« weiter verfallen und am Ende ganz abgerissen werden (müssen), wäre das ein Desaster. Zumal sich auf der Hohe Straße etwas tut: Ein paar Häuser weiter wird mit dem Interimsstandort der Zentralbibliothek demnächst ein soziokultureller Ort im ehemaligen Ladenlokal ­eröffnet.