Köln im Kokainrausch
Eine Explosion auf den Kölner Ringen, eine Geiselnahme in einem Rodenkirchener Einfamilienhaus — Köln hat ein Kokainproblem. Nicht nur in Köln, in ganz Deutschland breitet sich die einstige Droge der Oberschicht aus. Wie kann es sein, dass es dem Zoll nicht gelingt, die Einfuhr aus Südamerika zu stoppen? Das hat sich auch Regisseur Asim Odobašić vom Nö Theater gefragt und mit dem Ensemble recherchiert. Entstanden ist der hochpolitische Abend »35 Tonnen«. Wie immer beim Nö Theater — keine trockene Wiedergabe von Fakten, sondern eine Inszenierung mit Witz und überraschenden Fakten.
Felix Höfner überzeugt als verspäteter Zuschauer, der eigentlich viel lieber ins Kino gegangen wäre. Unterbrochen wird er von einer gelangweilten Zollbeamtin (Asta Nechajute), die bei einer Pressekonferenz mit trockener Ironie verkündet, welch großer Erfolg die letzte Kokain-Fahndung war. Dazu schwenkt sie kleine Fähnchen mit Landeswappen und beantwortet unverschämte Rückfragen aus dem Internet. Lucia Schulz lockt das Publikum als kolumbianische Drogenbaronin in einen Seitengang des Theaters.
Spätestens jetzt fühlt es sich an, als wäre man direkt in der erfolgreichen Netflix-Serie »Narcos« gelandet. Aufreizend räkelt sie sich auf einem Stuhl, zieht ein Näschen weißes Pulver und berichtet dabei mal auf Deutsch, mal auf Spanisch von den Missständen auf den Koka-Plantagen in Kolumbien. Trotzdem überzeugt sie den Europäer (Felix Höfner) schnell davon, ein eigenes Kartell zu gründen. Es ist so einfach.
Bis auf diesen kurzen Ortswechsel, spielt das Ensemble nahezu ohne Bühnenbild und Requisiten. Und doch wünscht man sich nichts mehr, als den einzelnen Szenen — wie der Vermählung des angehenden kolumbianisch-europäischen Drogenpärchens — noch länger zuzusehen. Die Mischung aus Wortwitz, Slapstick und durchdachten Figuren lässt die Zeit wie im Flug vergehen. Als das Ensemble zum Grande Finale die gläsernen Schiebetüren des Foyers öffnet und ein Rächer des zerschlagenen Kartells mit einer Kettensäge aus einem Kleinwagen steigt, stockt der Atem.
Zum Glück schließt sich der Vorhang, bevor mehr passiert. Zurück bleibt die Freude über einen unterhaltsamen Abend mit erschreckenden Erkenntnissen. Und ein Gedanke: Es muss sich ganz dringend etwas ändern.
Orangerie Theater, ab 26. Februar