Wollen lieber Bäume statt Autos: Demonstration von Studierenden auf dem Hügel vor der TH Deutz

Raumschiff ohne ­Zukunft

Studierende protestieren gegen den Abriss des Ingenieurwissenschaftlichen Zentrums an der TH in Deutz

Rund hundert Studierende finden sich Mitte Januar auf dem Hügel vor der TH Deutz ein. Manche bauen Möbel aus Kanthölzern und Spanngurten, um »Aneignungsformen« des Hügels zu testen. Es ist eine Protestaktion, denn der Hügel soll noch in diesem Winter abgetragen und Dutzende Bäume dafür gefällt werden. Stattdessen wird ein temporärer Parkplatz eingerichtet. »Wir fordern, die Pläne zu überdenken«, sagt Architekturstudentin Clara Grothkopp.

Die Pläne, das ist der »Neubau Campus Deutz«. Die Zahl der Studierenden an der TH ist gewachsen, bis in die 2040er Jahre will man einen »nachhaltigen und zukunftsfähigen Campus«  schaffen, so der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), Bauherr des Projekts. Man werde  »modernste ­Anforderungen an Klimaschutz und Energieversorgung« erfüllen. Abgerissen wird auch das markante Hochhaus des Ingenieurwissenschaftlichen Zentrums (IWZ) von 1977, das unter Denkmalschutz steht. Wie ein Raumschiff thront das Hochhaus im Nirgendwo auf dem Campus zwischen Deutz, Kalk und Humboldt-Gremberg — auf einem Parkhaussockel, damit man, dem damaligen Zeitgeist entsprechend, das Auto direkt vorm Hörsaal abstellen kann. Fußgänger müssen den Umweg über den Hügel nehmen. Dem BLB und auch vielen Studierenden gilt das Gebäude als Problem, auch Brandschutz und Energiebilanz genügen nicht den Standards.

»Es stimmt ja, dass vieles im Gebäude nicht gut funktioniert«, sagt Clara Grothkopp. Das aber könne man durch einen Umbau lösen. Das IWZ wurde aus Be­tonfertigteilen errichtet — auch, um es bei Bedarf anpassen und weiterbauen zu können. »Es gibt darin wenig tragende Wände, man könnte leicht neue Räume schaffen«, so Grothkopp. Hochschulen gleicher Bauweise in Paderborn, Duisburg/Essen oder Wuppertal habe man auch sanieren können.

»Die Abriss- und Neubaupläne stehen in krassem Gegensatz zu dem, was in der Fachszene diskutiert wird«, sagt Grothkopp, die auch Mitglied bei der »Initiative Umbau« ist. Sie meint die Rufe nach einer Bauwende und die Forderung, den Gebäudebestand mit seiner »Grauen Energie« als Ressource anzuerkennen. Selbst wenn ein Neubau klimaneutral betrieben würde, bräuchte es Jahrzehnte, bis der Energie- und Materialverbrauch bei Abriss und Neubau kompensiert wäre. Man prüfe »grundsätzlich immer im Einzelfall, ob Gebäude saniert oder durch Neubauten ersetzt werden«, so der BLB, und zwar »unter Berücksichtigung und Abwägung ­aller relevanten Aspekte« wie ­finanzielle Kriterien, Nachhaltigkeit, Funktionalität und Risiken.

Der IWZ-Abriss wurde bereits 2011 beschlossen. Erst ab 2035 soll das Hochhaus jedoch dran sein. »Man will dann einen 30 Jahre alten Plan umsetzen, nachdem das IWZ schon 30 Jahre nach seinem Bau als veraltet galt«, sagt Student Felix Beuter, der auch auf den Hügel gekommen ist. »Das zeigt doch schon, wie absurd das alles ist.« Die Planung sei zu weit fortgeschritten, man könne den Prozess  nicht mehr aufhalten, teilte die Präsidentin der TH den Studierenden Mitte Januar in einem Gespräch mit. Die Studenten sehen das anders: »Es ist noch nicht zu spät!«, ruft Clara Grothkopp den anderen auf dem Hügel zu. Noch sind die Bäume nicht gefallen.