Erinnerung als Posse
Millionen von Soldaten und Soldatinnen aus dem globalen Süden haben im zweiten Weltkrieg gekämpft — für die Achsenmächte und für diejenigen, die die Welt vom Faschismus befreit haben. Sie sind auf den Schlachtfeldern in Europa, Asien und Afrika gefallen. Oft wurden sie gezwungen, in den Krieg zu ziehen — und sind dabei ums Leben gekommen. Ihnen widmet sich die Ausstellung »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg«, die am 7. März im NS-Dok eröffnet wird.
Aber nicht nur der Krieg war global, auch seine Verbrechen. In den Kriegsbordellen der japanischen Armee wurden Frauen als »Trostfrauen« zwangsprostituiert, viele von ihnen kamen aus Korea. Die genaue Zahl kann nur geschätzt werden. Seit den 70er Jahren werden die Verbrechen in der Öffentlichkeit aufgearbeitet, meistens gegen den Widerstand Japans. In den 90ern leistete Japan erste Zahlungen an Südkorea, wird aber bis heute von ehemaligen »Trostfrauen« auf individuelle Entschädigung verklagt.
Und nun, fast 80 Jahre nach der japanischen Kapitulation, erreicht der Konflikt um die »Trostfrauen« auch Köln. Als Begleitprogramm der Ausstellung im NS-Dok wollten die Organisator:innen am feministischen Kampftag, dem 8. März, eine »Friedensstatue« dort aufstellen. Sie zeigt eine Frau, die eine der »Trostfrauen« darstellen soll. Weltweit erinnern die Opfer mit Statuen wie dieser an die Verbrechen in Japans Kriegsbordellen, und immer wieder versucht die japanische Regierung, dies zu verhindern. Die Programmhefte der Ausstellung waren schon gedruckt, da weigerte sich die Stadt Köln im Dezember, das Aufstellen der Statue zu genehmigen. Die Organisator:innen reagierten mit einem offenen Brief, in dem sie vermuteten, dass die japanische Regierung interveniert hätte. Im Herbst 2024 gab es einen ähnlichen Konflikt in Berlin, bei dem der Regierende Bürgermeister auf Druck von Japan verfügte, dass eine »Trostfrauen«-Statue in Berlin-Moabit abgebaut werden soll.
In den Kriegsbordellen der japanischen Armee wurden »Trostfrauen« zwangsprostituiert
Die Kölner Stadtverwaltung wies den Vorwurf zurück, und machte formale Gründe geltend: Kunstwerke im öffentlichen Raum müssen von politischen Gremien genehmigt werden. Als Ersatz bot sie den Organisator:innen an, die Statue 100 Meter weiter im Hof der Wallfahrtskirche St.Maria aufzustellen. Das Grundstück der Gemeinde gilt als privater Raum. Das wiederum lehnten die Organisator:innen ab, u.a. weil sie dann nicht mehr von der Straße aus zu sehen gewesen wäre.
Schließlich kam die Bezirksvertretung Innenstadt zur Rettung. Auf Initiative der Grünen beschloss sie Anfang Februar in einem Dringlichkeitsantrag, dass die »Friedensstatue« vor dem NS-Dok aufgestellt werden dürfe. Damit sind die nötigen Formalitäten erledigt, einer Enthüllung am 8. März steht somit nichts mehr im Wege. Ob aber diese Posse dafür nötig war, ist eine Frage, die sich die Beteiligten in einer ruhigen Minute gerne stellen dürfen.
Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg
Sa 8.3. bis So 1.6., NS-Dok, Di–Fr 10–18 Uhr, Sa & So 11–18 Uhr
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