»Marode Anlagen kommen irgendwann an Kipppunkte«: Helmut Schaefer in der Sportstadt Köln

»Der Sport stirbt einen langsamen Tod«

Helmut Schaefer von der Allianz Kölner Sport über die Haushaltskrise, Mangelverwaltung und Ehrenämter im Sport

Herr Schaefer, Mitte Februar hat der Rat der Stadt Köln den Haushalt für 2025 und 2026 verabschiedet. Was bedeutet er für den Sport? 

Es ist nicht so schlimm wie anfangs angenommen. Die Kürzungen im »konsumtiven« Bereich, etwa zur Förderung von Vereinen oder zur Qualifizierung von Übungsleitern, sind fast komplett zurückgenommen worden. Im »investiven« Bereich, dem Erhalt und Ausbau von Sportstätten, sieht es schlechter aus. Da wird in diesem Jahr kaum etwas umgesetzt, erst 2026 wieder.

Das Bündnis »Allianz Kölner Sport« hatte die geplanten Haushaltskürzungen zuvor scharf ­kritisiert. 

Die Kürzungen hätten die Strukturen in der Sportlandschaft nachhaltig zerstört. Die Mittel für den konsumtiven Bereich sollten bis 2026 auf null zurückgefahren werden. Im investiven Bereich hatte die Stadt für den Zeitraum des Doppelhaushalts 70 Maßnahmen vorgesehen. Ein Großteil der Projekte sollte sofort gestoppt werden. Das wären Kürzungen von knapp 20 Mio. Euro gewesen.

Wie ist die Perspektive nach 2026? 

Uns bereitet die mittelfristige Finanzplanung große Sorge, weil alle Mittel weiter zurückgefahren werden sollen. Sport braucht eine gesunde Infrastruktur. Die ist schon heute schlecht, weil man jahrelang bestenfalls den Mangel verwaltet hat. Perspektivisch wird sie noch schlechter. Die Vereine gehen zwar pragmatisch mit der Situation um und behelfen sich. Aber marode Anlagen kommen irgendwann an Kipppunkte und werden gesperrt. Das passiert schon heute regelmäßig. Die Sportlandschaft in Köln stirbt gerade einen langsamen Tod.

Irgendwo musste die Stadt sparen. Der Blick der Verwaltung auf den Haushalt war geprägt von Zahlen, damit er genehmigungsfähig zur Bezirksregierung geht. Aber welche Botschaft sendet ein solcher Entwurf aus? 

Wenn man Einschnitte vornehmen muss, sollte man seine Partner ins Boot holen. Das ist nicht passiert. Der Haushalt hat die Vereinslandschaft im Sport geschockt. Dabei sehen wir in Düsseldorf oder Hamburg, dass es möglich ist, dem Sport mehr Bedeutung beizumessen.

Was fordern Sie? 

Vor allem eine Strategie, wie man künftig auch bei einer schwierigen Haushaltslage den Bestand erhält. Ich spreche gar nicht mehr davon, dass wir gerne mehr hätten. Aber das, was da ist, soll in vernünftigem Zustand bleiben.

Die Haie, der FC, Handball-Großereignisse sind wunderbar. Aber das alleine macht keine SportstadtHelmut Schaefer

In Köln hatte man schon mal erarbeitet, wohin sich der Sport entwickeln soll. Was ist der »Sportentwicklungsplan« wert? 

Er hat wichtige Erkenntnisse gebracht, etwa über den Wert des Sports oder des Ehrenamts für die Stadt. Aber wir haben von Anfang an gesagt, dass man kontinuierlich Geld im Haushalt hinterlegen muss, um die Ideen umzusetzen. Dazu war man politisch nicht bereit. Das spürt man heute. Ich will nicht sagen, dass der Sportentwicklungsplan tot ist. Aber wir kommen da gerade nicht ­weiter.

Dabei bezeichnet sich Köln als Sportstadt. 

Das Label hat sich die Stadt wegen ihrer Sport-Events selbst gegeben. Wir haben die Haie, den FC, Handball-Großereignisse. Das ist wunderbar. Aber das alleine macht keine Sportstadt aus. Leistungssportler fallen nicht vom Himmel. Die haben irgendwann in einem Breitensportverein angefangen. Wenn der Breitensport nicht mehr da ist, ist der Leistungssport tot.

Welche Bedeutung hat Sport für die Stadtgesellschaft? 

Wir sind gegenüber Politik und Verwaltung oft Bittsteller. Was die Vereine aber für die Stadtgesellschaft leisten, ist extrem wichtig. Sport ist mehr als Hüpfen, Werfen und Rennen. Er ist wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern, vermittelt Werte wie Toleranz und Fairness, Seniorensport hilft gegen Vereinsamung im Alter. Ich kenne keinen Sport­verein, der damit hausieren geht, dass er Integrationsarbeit leistet. Die Vereine machen das einfach!

Die Nachfrage nach Sport scheint groß.

Es gab eine Corona-Delle. Mittlerweile ist die Entwicklung wieder sehr erfreulich, vor allem bei Kindern. Aber wir brauchen Sportflächen und Übungsleiter, um dem gerecht zu werden. Als die deutschen Basketballer vorletztes Jahr Weltmeister geworden sind, wollten viele Kinder selbst spielen. Aber etliche Vereine mussten sagen: Wir würden ja gerne, aber wir können nicht. Wir haben nicht genug Hallenzeiten.