Kunst der Aufarbeitung
Der Schwerpunkt des Filmprogramms zur erweiterten Ausstellung im NS-Dokumentationszentrum liegt auf Regionen, die von europäischen Mächten gewaltsam geprägt wurden. Der Konnex Japan in Ost- und Südostasien wird im Rahmen von »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg« mit Vorsicht behandelt. Die Vorführung von »Because We Were Beautiful« (2010), Frank van Oschs Dokumentation über die Arbeit des niederländischen Fotografen Jan Banning an seinem gleichnamigen Projekt über indonesische Zwangsprostituierte in den Bordellen der japanischen Armee, hängt zusammen mit der Präsentation der dabei entstandenen Bilder. Aus Korea, zur Zeit des Zweiten Weltkrieges japanische Kolonie, zeigt man den 6-minütigen TV-Bericht »Comfort Women Fighting For Dignity«.
Die Konzentration gilt eher den Kolonialtruppen Frankreichs, die im Zweiten Weltkrieg kämpften. Davon erzählen Klassiker wie Ousmane Sembènes »Emitaï« (1971) und Meisterwerke wie Rachid Boucharebs »Indigènes — Tage des Ruhms« (2006) — ideenklar und bildgewaltig. Ob letzterer wirklich »der wichtigste Spielfilm über den Zweiten Weltkrieg aus afrikanischer Perspektive« ist, sei dahingestellt — es gibt ja zum Beispiel noch Ousmane Sembène und Thierno Faty Sows monumentalen Erinnerungskraftakt »Camp de Thiaroye« (1988). Dessen Digitalrestauration sorgte letztes Jahr für fassungslose Zuschauer bei diversen Festivals. Das Massaker an den Tirailleurs sénégalais 1944 wird im Begleitprogramm zur Ausstellung aber nicht übergangen: Marie Thomas-Penettes und François-Xavier Destors Essay in erinnernder künstlerischer Aufarbeitung, »Thiaroye 44« (2022), sowie Boucharebs Kurzanimationsfilm »L’Ami y’a bon — Der Freund aus den Kolonien« (2004) widmen sich diesem immer wieder neu zu vergegenwärtigenden Stück Kolonialgeschichte.
Mit einem jenseits von Algerien und Frankreich noch viel weniger bekannten Massaker beschäftigt sich Mehdi Lallaouis »Les Massacres de Sétif, un certain 8 mai 1945 — Die Massaker von Sétif. Ein anderer 8. Mai« (1995), der vom Keim des Algerienkrieges handelt. Rachid Bouchareb hat im Übrigen auch dazu einen Spielfilm gedreht. Sein »Hors-la-loi« (2010) zeigt, wie sich aus kolonialen Verbrechen ein überregionaler antikolonialer Widerstand entwickeln kann.
Alle Termine und Orte des Begleitprogramms unter begleitprogramm.3www2.de