Allein in der Fremde: Florentina Holzinger, Foto: Grandfilm, Ulrich Seidl Filmproduktion

Mond

Kurdwin Ayub lässt eine österreichische ­Arbeitsmigrantin in Jordanien scheitern

Nach dem glanzlosen Ende ihrer Mixed-Martial-Arts-Karriere landet die Wienerin Sarah Reisinger in einer Depression. Die verwöhnten Gören, die sie in einem Fitnessstudio in dem Kampsport trainert, sind vor allem auf ein cooles Bild auf Instagram aus und empören sich bei jedem seriösen Punch schon über eine Verletzung ihres Safe Space. Was denn jetzt ihr »Businessplan« sei, will Sarahs Schwester wissen, die gerade in ihrem Kleinfamiliendasein aufgeht und mit einer Mischung aus Mitleid und Gereiztheit auf die Jüngere blickt. Einen Ausweg aus der Perspektivlosigkeit verspricht ein Angebot aus Jordanien. Sarah soll dort als Personal Trainer dreier Schwestern einer reichen Familie arbeiten.

Von da an ist alles nur weird. Die in den Outskirts der Hauptstadt Amman gelegene Luxusvilla wirkt abgeschottet. Sarah muss eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterschreiben. Der Zutritt zu den privaten Räumen ist streng untersagt. WLAN gibt es auch nicht. Und die drei Schwestern Shaina, Fatima und Nour scheinen mehr an Daily Soaps und Ausflügen in die verödete Shopping Mall interessiert als an Kampfsport. Während Sarah mit den Schwestern Stunden auf einer absurden Sofalandschaft absitzt und Klopfzeichen aus dem oberen Stockwerk dringen, versichert der Bruder der Mädchen: »Wir sind eine normale Familie.«

Die im Irak geborene kurdisch-­österreichische Filmemacherin Kurdwin Ayub verwob in ihrem Spielfilmdebüt »Sonne« (2022) ­Social-Media-Sphären und postmigratische Lebensrealitäten in Wien, in »Mond« steht nun eine weiße Österreicherin im Zentrum, die als Arbeitsmigrantin mit der Kultur des Nahen Ostens clasht. Ayub spielt dabei nicht nur mit den Thriller-Konventionen, auch die Erwartungen an eine weiße Retterfigur lässt sie ins Leere laufen.

Die Regisseurin beweist dabei erneut ihr inszenatorisches Talent, nicht zuletzt dadurch, dass ihr Erzähltempo beunruhigend ruhig bleibt. In der österreichischen Choreografin und Performancekünstlerin Florentina Holzinger hat sie zudem eine ideale Darstellerin gefunden. Ihrem Spiel ist jeder athletische Drive ausgetrieben, die Stimme klingt unterspannt, in ihr Gesicht hat sich ein stumpfer Ausdruck eingeschrieben. Auch Sarahs Autonomie hat Grenzen. Am Ende bleibt ein verzweifelt geschmetterter Rihanna-Song.

A 2024, R: Kurdwin Ayub, D: Florentina Holzinger, Andria Tayeh, Celina Sarhan, 92 Min. Start: 27.3.