Humor gegen Horror: Adam Shor (links) und Eyal Wartelsky

Zwei Juden, eine Show

Adam Shor und Eyal Wartelsky feiern den radikalen Witz

Als Adam Shors Vater erfuhr, dass sein Sohn ein Comedy-Duo namens Two Jews betreibt, riet er ihm, den Namen schnell zu ändern: Selbst Nachkomme eines Shoah-Überlebenden, war er der Meinung, für Juden sei es immer besser, die eigene Identität zu ­verbergen. »Da war das Ding aber schon am Laufen«, erzählt der 40jährige Adam Shor. »Das Ding« ist tatsächlich ziemlich erfolgreich: Je 700.000 Follower*innen freuen sich sowohl auf Instagram als auch auf Youtube über die ­gerne auch mal klamaukigen Clips des Duos.

Einstudierte Gags; Crowd­work, wie die amüsante Inter­aktion mit Stand-up-Publikum ­genannt wird, Guerilla-Comedy-­Aktionen am Rande von Anti-Israel-­Demonstrationen — ein Großteil des Two Jews-Contents ist zunächst nicht unbedingt musikalisch. Dass die beiden — neben Shor noch der 28-jährige Eyal ­Wartelsky — heute aber Säle füllen, die sonst nur altgedienten ­Kabarettprofis vorbehalten sind, liegt in erster Linie an den Song-Einlagen, mit denen sie an öffentlichen Orten für Unruhe sorgen. Das Ergebnis dieses Flashmob-Sounds ist ein beständig wachsender Kultfaktor. In einem Video (locker 6,5 Millionen Klicks) stellen sich die Two Jews mit einer Gitarre bewaffnet hinter einen Mittdreißiger, der auf einer Wiese in einem Berliner Park sitzt und mit seinem Smartphone hantiert. Er sitze hier allein, so trällern die beiden in voller Lautstärke los, um sich Internetpornos reinzuziehen. Doch der ­Albernheit nicht genug, denn sie fahren fort: Gott selbst habe den Porno nur geschaffen, um den Menschen beim Konsum der ­Sexfilme zuzuschauen.

Man merkt, der Humor schert sich wenig um vorsichtiges Ab­tasten, feine Klinge oder gar politische Korrektheit. Die Two Jews sind auf eine gewagte Weise geradezu rabiat und konfrontativ. Sie sehen sich in der Tradition des ­jüdischen Witzes, der eben auch mit Frivolitäten, Schrullen und freundlichen Seitenhieben agiert. Getrost kann man sie irgendwo zwischen Mel Brooks und Georg Kreisler ansiedeln, dem amerikanischen Blödelkomiker ungleich näher als dem österreichischen Kabarettisten. Bis es so weit war, mussten sich Shor und Wartelsky ihrer Identität erst einmal bewusst werden — oder besser gesagt: »bewusst gemacht« werden.

Beide lernten sich in Berlin kennen. Der eine, Eyal, ist Israeli, Adam, obwohl in Israel geboren, hat lange genug in den USA gelebt, um sich als Amerikaner zu sehen. Doch schnell stellten sie fest, dass solche Feinheiten nebensächlich sind, in den Augen der Außenwelt sind sie beide einfach Juden. Oder wie sie selbst in einem anderen viel geklickten Clip singen: Für einen Nazi ist es egal, ob du Aschkenasim oder Sephardim bist. Eyal erzählt: »Ich habe mich immer als Israeli gesehen, aber außerhalb ­Israels musste ich feststellen: Ich bin in erster Linie Jude, und wo ich herkomme, ist zweitrangig.«

Ihr Humor schert sich wenig um vorsichtiges Abtasten, feine Klinge oder gar politische ­Korrektheit. Die Two Jews sind auf eine gewagte Weise rabiat und konfrontativ

Nun, das stimmte bis zum 7. Oktober 2023 und dem stundenlangen Terror der Hamas, der 1400 Menschen in Israel das Leben kostete- Seitdem hat sich ihr Verhältnis zum Jüdischsein verändert, denn es ist für sie nicht ­sicherer geworden, weder auf den Straßen Berlins, noch in den New Yorker Comedy Clubs, geschweige denn im Internet. Die ersten Monate waren eine Tortur, Auftritte im Zustand des funktionalen Deliriums. Dazwischen Trauer, Angst — und Reden. Immer wieder wurden sie ausgebuht, wenn sie vorgestellt wurden, von selbsternannten Freiheitskämpfern auf der Bühne konfrontiert; anfangs versuchten sie, dieser Situation mit Selbstironie zu begegnen. Doch die aktivistischen und teilweise aggressiven Störenfriede im Publikum zeigten sich immun gegen die Charmeoffensive.

Mit der Zeit wurde es besser, auf der aktuellen Tour widmen sie sich wieder verstärkt den Songs, die sie im Netz so bekannt gemacht haben. Dort bekommen auch die Champions des Zeitgeschehens ihr Fett weg: Die karikaturesken Züge Donald Trumps werden mit einem sardonischen Lächeln lobgepriesen, die transidente Caitlin Jenner aus dem Kardashian-Clan wird ob ihrer ­antifeministischen Aussagen zur Räson gerufen. Wenn das alles nicht hilft, wird der vorzeitige ­Samenerguss besungen.

Das ist vor allen Dingen witzig, manchmal bitterböse, vor allem sind die Songs aber verdammt ­eingängige Ohrwürmer. 

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Di 1.4., Gloria, 19 Uhr