Wo sie hielten, wartete der Tod: Die grauen Busse des NS

Wimmernde Ungewissheit

Denkmal der grauen Busse, LVR-Landeshaus, Deutz

Die Perfidie der Nationalsozialisten zeigt sich nicht zuletzt in ihrer feigen Unehrlichkeit. So schufen sie 1940 eine Scheinorganisation, die »Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft« (GEKRAT), holten Patient*innen der sieben Heil- und Pflegeanstalten in Trägerschaft des Provinzialverbandes Rheinland — der Vorgängerinstitution des Landschaftsverband Rheinland — ab, fuhren in grauen Bussen über neugeschaffene Autobahnen zum Beispiel auf die Schwäbische Alb und ermordeten sie dann in Tötungsanstalten, die sich als Spezialkliniken tarnten. Die später »Aktion T4« genannten Krankenmorde zählen zu den Menschheitsverbrechen des NS, neben Shoah, Porajmos (dem Massenmord an den Sinti und Roma), sowie der Verfolgung und Ermordung der LGBTQ-Community. Der Aktion T4 fielen 10.000 Menschen aus dem Rheinland zum Opfer: Pflegebedürftige; Menschen mit körperlichen Behinderungen; mit Lernschwäche; Autist*innen; Menschen mit Psychiatrieerfahrung auf Grund von Depressionen, Psychosen, Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises — sie alle kamen in die grauen Busse.

Einen solchen Bus haben die beiden Künstler Horst Hoheisel (*1944) und Andreas Knitz (*1963), 2006 für das Zentrum für Psychiatrie in Ravensburg gebaut, wo fast 700 Menschen zwischen 1940 und 1942 getötet wurden. Ein zweiter Bus durchzog als »Mahnmal in Bewegung« Deutschland und landete 2011 in Köln, an der heutigen Stelle vor dem Landeshaus des LVR. Als das Kunstwerk sich 2012 wieder in Bewegung setzte, entschied sich der LVR kurzerhand eine dritte Ausführung zu bestellen und fest installieren zu lassen.

Der Bus wirkt, in vier Teile ­geschnitten und mit einem Binnenweg von etwa einem Meter Breite, nicht besonders bedrohlich, vielleicht sogar vertrauenserweckend. Steht man zwischen den scheibenhaften Busseiten, so kippt die Stimmung schnell ins Klaustrophobische, was Erinnerungen an das Mahnmal der ermordeten Juden in Berlin erinnert. Der Bus ist von außen schroff gehalten, rau, seine Innenflächen sind hingegen ganz glatt: Neben der Enge nimmt man eine eigentümliche Klangkulisse wahr. Jedes Geräusch prallt an den engstehenden, blanken Wänden ab, wirkt verstärkt, es ist laut und man hört förmlich die wimmernde Ungewissheit, den die Opfer des NS gespürt haben. Sie kulminiert in dem hier eingravierten Satz: WOHIN BRINGT IHR UNS?