Kriegsberichterstattung auf der Bühne
Die Belagerung von Mariupol, das Massaker von Butscha, schwere Angriffe auf Kiew — es ist nun über drei Jahre her, dass in der Ukraine der Krieg ausgebrochen ist. Und er geht weiter. Was vor Ort genau passiert, erfahren wir vor allem aus den Nachrichten. Aber wie funktioniert das mit der Kriegsberichterstattung eigentlich? Wie kommen ausländische Reporter*innen an Informationen? Wie verschaffen sie sich Zugang zu gesperrten Gebieten?
Das wollte das Theaterkollektiv Futur3 rund um André Erlen und Stefan H. Kraft genauer wissen und hat sich im April 2024 auf Recherchereise begeben. Unter anderem nach Butscha, einem Vorort 30 Kilometer von Kiew entfernt, der vor drei Jahren zum Symbol der russischen Kriegsverbrechen wurde. Rund 400 Zivilist*innen sind dort Opfer eines Massakers geworden. Das Ensemble interviewt unter anderem Pavlo Yurow, der eigentlich Schauspieler und Theaterregisseur ist, nach Ausbruch des Krieges aber zum Fixer wurde. So nennt man Menschen, die das Scharnier zwischen internationaler Presse und ukrainischer Bevölkerung bilden. Sie organisieren Reisen, übersetzen Gespräche, stellen Kontakte her. Um diese Menschen und die Gefahren, die sie als Fixer*innen auf sich nehmen, dreht sich das neue Projekt »Making the story« von Futur3.
Schon beim Betreten des Theatersaals spürt das Publikum, dass dieser Abend emotional kein leichter wird.
Musiker Jörg Ritzenhoff begleitet an Laptop und Schlagwerk. Von Beginn an bereitet sein Soundtrack Unbehagen. Immer wieder stimmt Mariana Sadovska ein — mit düsteren Liedern auf Ukrainisch. Das Ensemble robbt derweil verzweifelt zwischen einer zerfledderten Couchgarnitur und Bauzäunen umher, versucht sich zu orientieren, bevor es in die Rollen verschiedener Fixer*innen und Journalist*innen schlüpft.
Ohne Kostümwechsel gehen die Figurenwechsel vonstatten, lediglich Mimik und Gestik variiert. Doch genau das ist es, was dafür sorgt, dass die Berichte der Fixer*innen unter die Haut gehen. Im Kontrast dazu: die beinahe überhebliche Art, mit der die Journalist*innen zu den Fixer*innen herabschauen.
Regisseur André Erlen und Futur3 bringen mit »Making the story« einen Abend auf die Bühne, der die Grausamkeit der russischen Invasion ganz anders erlebbar macht, als jede noch so gut recherchierte Fernsehreportage.
Schauspiel Köln, Depot 2, 9. & 24.5., 20 Uhr