»Zentraler Fixpunkt« mit 3000 Kelvin: der Kölner Dom nach Sonnenuntergang

Schöpfung im Spotlight

Der Dom wird nun neu beleuchtet — sieht schöner aus, gefällt Naturschützern aber trotzdem nicht

Wie sehr man in Köln den Dom liebt, zeigt sich vielleicht auch darin, dass man dessen Umgebung so sehr  vernachlässigt, dass die Kathedrale umso beeindruckender erscheint. So stapfen Städtereisende entlang von Großbaustellen und maroden Museen, drängeln sich durch chaotisch platziertes Stadtmobiliar und bewundern die Lebensfreude dieser Stadt, wenn sie den Rückständen der letzten Party- und Event-Nacht ausweichen. Doch die Dämmerung taucht all das ins Dunkel. Es braucht also auch nachts etwas, um den Dom noch heller leuchten zu lassen — und zwar 700 hochmoderne LED-Lampen für eine »plastische, präzise und punktgenaue Akzentuierung des Doms«, wie das Domkapitel mitteilt. Drei Jahre hat es gebraucht, das Lichtkonzept umzusetzen. Für Kölner Verhältnisse ein Wimpernschlag!

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Für Naturschutzverbände ist die Illumination nämlich kein Lichtblick. Sie kritisieren die Lichtverschmutzung, die den ­Tieren am Dom schade. So viele leben am Dom! Man glaubt es ­vielleicht erst, wenn man »Die Ökologie des Kölners Doms« von Iris Günthner und Bruno Kremer liest. Die Biologen der Uni Köln machten 2014 auf die ökologische ­Vielfalt am Dom aufmerksam.

Auch  Manuela Franke vom Kölner BUND verweist darauf, wenn sie die neue Beleuchtung kritisiert. »Wir sind gar nicht dagegen, dass ein Weltkulturerbe mit Beleuchtung in Szene gesetzt wird«, sagt sei. »Aber es gilt, die Folgen zu beachten und entsprechend nachzujustieren.« Dazu zähle etwa, die Lichtfarbe der Beleuchtung zu verringern, damit weniger Insekten angelockt werden. ­»Derzeit sind es 3000 Kelvin, das ist nicht wirklich gut, auch wenn das behauptet wird.« Insekten werden von Lichttemperaturen mit Blauanteil angelockt. »Sie verausgaben sich und sterben dann vor Erschöpfung.« Auch werde der nächtliche Vogelflug durch die ­Beleuchtung gestört, sagt Franke, zumal nun auch die Domspitzen beleuchtet würden. »Dass gerade jetzt der Frühlingszug vieler Arten stattfindet, ist ungünstig.«

Zwar hat Köln seit 2020 einen Masterplan Licht. »Das Thema Lichtverschmutzung und deren Auswirkungen kommt aber nur am Rande vor«, so Manuela Franke. Lichtverschmutzung und deren ökologischen Auswirkungen seien noch zu wenig im allgemeinen ­Bewusstsein verankert.

Beim Domkapitel heißt es auf Anfrage, es sei »vielen Menschen ein großes Anliegen, dass das zentrale Identifikationsobjekt der Stadt nach Sonnenuntergang als zentraler Fixpunkt in der Stadtsilhouette hervorgehoben wird.« ­Allerdings wolle man »im Sinne der Bewahrung der Schöpfung« die Lichtverschmutzung am Dom »so gering wie möglich halten und ihn als Lebensraum und Biotop schützen.« Die neue Beleuchtung setze jedoch Maßstäbe »in puncto Nachhaltigkeit, Naturschutz und lichtemissionsarmer Gestaltung.« 

Gegenüber der bisherigen Beleuchtung bedeute die LED-Technik eine »Reduzierung des Stromverbrauchs und der Lichtmenge um fast vier Fünftel«. Zudem ­ermögliche die neue Technik, die Beleuchtung zu dimmen und auch die Farbtemperatur anzu­passen, so ein Sprecher. Manuela Franke vom BUND hofft nun, »dass wir bei den Verantwortlichen noch etwas erreichen können.«