Gegen den Backlash
Spätestens seit der erneuten Wahl Donald Trumps im November 2024 ist Queerfeindlichkeit wieder salonfähig. Der Cologne Pride erwähnt die weltweite Wirkung von Trumps Politik gleich im ersten Satz seines Textes zur diesjährigen CSD-Demonstration: »Diversitätsprogramme werden teils weniger unterstützt und sogar abgeschafft, das rechte Gedankengut nimmt zu und die Feindlichkeit — und sogar der aufkommende Hass — wird immer größer!«
Ende April kam die Meldung, dass sich mehrere Firmen mit US-Muttergesellschaften aus dem Sponsoring für den Christopher Street Day zurückgezogen hätten — auch in Köln. Dabei ist die größte queere Demonstration Deutschlands auf Spenden und Sponsoring angewiesen. Im Gespräch mit der Stadtrevue versichert der Pressesprecher der Cologne Pride, Hugo Winkels: »Alles hat ein Für und ein Wider. Es gibt Unternehmen, die sich zurückhalten. Aber andere kommen auch dazu. Es ist ein Kommen und Gehen.« Einige Unternehmen mit USA-Bezug bleiben auch in diesem Jahr als Geldgeberinnen für den Cologne Pride bestehen.
So werden beispielsweise Mastercard, der Tabakkonzern JTI mit großer Niederlassung in den USA und Ford weiterhin als Sponsor*innen gelistet. Das Pharmaunternehmen MSD mit Hauptsitz in New Jersey hingegen bestätigte gegenüber dem Spiegel eine Veränderung bei der finanziellen Unterstützung des Kölner Pride: Sie würden sich künftig stärker auf das Sponsoring des CSD in München konzentrieren, da sich dort die Firmenzentrale in Deutschland befindet.
Angaben dazu, wie hoch die finanzielle Unterstützung durch Sponsor:innen im Vergleich zum Vorjahr ausfällt, macht Cologne Pride nicht. Hugo Winkels betont jedoch: »Wir befinden uns in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit und manche Unternehmen können sich momentan eine Unterstützung nicht leisten. Beispielsweise in der Automobilindustrie stehen gerade alle mit dem Rücken zur Wand.«
Der Autobauer Ford ist seit 28 Jahren beim Kölner CSD dabei und stellt wie in den vergangenen Jahren erneut den Fuhrpark für die Parade zur Verfügung. Eine Sprecherin von Ford teilte knapp mit, Ford unterstütze die Cologne Pride auch in diesem Jahr. Darüber hinaus sei ihr Unternehmen stolz darauf, »dass sich unsere Belegschaft aus Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Perspektiven und Erfahrungen zusammensetzt«. Das Unternehmen wolle weiterhin die Vorteile der Vielfalt nutzen, um Arbeitsplätze, Prozesse und Angebote zu stärken.
Das ist für Firmen mit Bezug zu den USA inzwischen nicht mehr selbstverständlich. Beispielsweise erklärte die US-Tochter der Telekom laut Berichten, ihre Initiativen für Diversität in den USA weitgehend aufzugeben. Ebenso gab das wertvollste Börsenunternehmen Europas, das Softwareunternehmen SAP mit Hauptsitz in Deutschland, im Mai bekannt, Programme für Geschlechtervielfalt zu streichen und löste den Bereich Diversity & Inclusion komplett auf.
Denn seit dem erneutem Amtsantritt Donald Trumps im Januar hat die US-Regierung Maßnahmen ergriffen, die Rechte von LGBTIQ*s stark einzuschränken und versucht, auch auf Unternehmen außerhalb der USA den Druck gegen firmeneigene DEI-Programme zu erhöhen. Schon am ersten Tag seiner Präsidentschaft unterzeichnete Trump das Dekret, das US-Behörden die Förderung von Diversity, Equity und Integration — also Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion — verbietet. Die Anordnung ist mit »Beendung illegaler Diskriminierung und Wiederherstellung leistungsbezogener Chancen« betitelt, und dreht das gängige Verständnis von Diskriminierung auf den Kopf, indem es behauptet, weiße US-Bürger müssten gegen die Diskriminierung der »Woke-Bewegung« geschützt werden.
Ende April haben sich mehrere US-Firmen vom Sponsoring des Cologne Pride zurückgezogen
Laut Spiegel-Berichten wurden auch deutsche Partner der US-Vertretungen in einem Fragebogen der US-Botschaft dazu aufgefordert, zu bestätigen, dass ihre Projekte keine Elemente von Vielfalt-, Gleichstellung- und Inklusionsförderung enthalten. Kein Wunder also, dass dem »queer washing«, also beispielsweise dem Auftauchen von Regenbogenfahnen in Logos von Unternehmen, inzwischen der Trend des »DEI hushings« entgegengesetzt wird: das Vertuschen von inklusiven, gleichstellungsfördernden und queerfreundlichen Firmenstrukturen.
Dieser Trend sei bei der Cologne Pride nicht erkennbar, so Hugo Winkels. Dennoch mache auch er sich Sorgen. Zwar sei der Amtsantritt Trumps für die Cologne Pride noch nicht großartig spürbar, aber er mache sich Gedanken darüber, wie es in Jahr zwei oder drei von Trumps Amtszeit aussehe: »Die Situation kann sich noch stark verändern, da müssen wir uns drauf vorbereiten.«
Parallel zu finanziellen und politischen Veränderungen weltweit und lokal nehmen Straftaten gegenüber queeren Menschen in NRW — besonders in Köln — zu. Eine Sonderauswertung des NRW Innenministeriums legte im März offen: 2024 wurden in Köln die meisten Fälle von Hasskriminalität gegen queere Menschen NRW-weit registriert. Und das sowohl absolut als auch anteilig.
Daher ist auch in diesem Jahr eine der Kernforderungen der Cologne Pride, Hasskriminalität und Hatespeech endlich wirksam zu bekämpfen. Unter dem diesjährigen Motto — »Für Queerrechte — Viele. Gemeinsam. Stark!« — werden sich voraussichtlich auch in diesem Jahr wieder über eine Million Besucher*innen in Köln treffen. So versichert auch Hugo Winkels trotz allem: »Wir freuen uns auf einen tollen und mit Sicherheit wieder sehr menschenreichen Cologne Pride.«